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Astrid: Schluss mit dem Trott

Astrid Prange De OliveiraEs gibt nur wenige Dinge, die ich aus dem Physikunterricht noch erinnere. Dazu gehört das Gesetz über die Trägheit der Masse. „Masse ist ein Maß für die Trägheit des Körpers“, lautet eine zentrale physikalische Erkenntnis. Was für ein Satz! Wenn ich ihn auf mich übertrüge, würde er lauten: „Trott ist ein Maß für die Trägheit des Geistes.“

Dieser Trott hat in meinem Leben eine ganz eigene Dialektik entfaltet. Ich habe sogar eine gewisse Vorliebe für ihn entwickelt. Schließlich schafft er Gewohnheiten, strukturiert den Tagesablauf, macht Verhalten vorhersehbar und avanciert so zum Kompass des Alltags. Doch irgendwann kippen genau diese positiven Eigenschaften bei mir ins Negative.

Ist dieser Trott nicht der Tod eines erfüllten Lebens? Ein Synonym für Langeweile und Spießertum? Es rumort in mir, und ich verspüre große Lust, alles durcheinanderzuwirbeln und noch einmal von vorne anzufangen. Neue Wohnung, neue Freunde, neues Land – nach meiner Erfahrung wohnt nicht nur jedem Anfang, sondern auch jedem Abschied ein besonderer Zauber inne.

Ein Gläschen Wein - nur noch zum Genuss!

Ein Gläschen Wein – nicht mehr aus Gewohnheit sondern nur noch aus purem Genuss!

Auch beim Genuss von Alkohol und Nikotin regiert am Schluss die Macht der Gewohnheit. So war ich am Anfang meines Berufslebens fest davon überzeugt, dass kreative Eingebungen für meine Artikel sich nur mit Hilfe des blauen Dunstes entfalten würden. Ein weltbewegender Kommentar ohne Zigarette? Ausgeschlossen! Eine geniale Schlagzeile für die Seite eins ohne Sekt oder Weinschorle? Undenkbar!

Doch der Trott kam durch die Hintertür. Die anscheinend stimulierende Zigarette oder das Phantasie beflügelnde Glas Wein verwandelten sich schleichend in gefährliche Gewohnheiten. Auch wenn ich mich anscheinend in guter kollegialer Gesellschaft befand – Kaffee, Zigaretten und Alkohol schufen ungeahnte Zwänge.

Gott sei Dank unterbrach meine Schwangerschaft diesen unsäglichen Genussmittel-Trott. Beim Schreiben von Artikeln komme ich mittlerweile seit 20 Jahren ohne blauen Dunst aus. Ich hoffe, dass mir die Fastenzeit dabei hilft, mich auch von feucht-fröhlichen Trinkgewohnheiten zu verabschieden.

Es ist Zeit für einen Alkohol-Aufstand! Schluss mit der Trägheit! Ich will keinen Alkohol mehr aus Gewohnheit trinken, sondern nur noch aus purem Genuss.

Datum

0 27.03.2014 | 13:25

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