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Astrid: Abenteuer ohne Amaretto

Astrid Prange De OliveiraIch gestehe: Ich wollte nicht fasten! Eigentlich. Schon beim Schreiben dieses Textes, mache ich im Geiste einen Sekt auf. Ich blicke wehmütig zurück und stoße auf den wundervollen Karneval an, der gerade ausgeklungen ist. Alaaf, es war schön, und es floss Alkohol!

Und nun soll alles vorbei sein – für ganze sieben Wochen? Nicht erst seit Aschermittwoch trage ich diese quälenden Gedanken mit mir herum. Schon beim Großeinkauf vor Weiberfastnacht verfolgten mich die Gedanken an die Fastenzeit. Sieben Wochen ohne Alkohol? Das ist noch lange hin, beruhigte ich mich selber und entschloss mich, NICHT heldenhaft am Weinregal vorbeizugehen. Zwei Flaschen Chardonnay und zwei Rotweine aus der Region, das muss schon sein. Ob ich das alles noch bis Aschermittwoch schaffe?

Unangenehme Fragen. Unangenehme Gedankenspiele. Warum sieben Wochen ganz ohne Alkohol? Warum so eine Radikalkur? Reicht nicht einfach nur sieben Wochen ohne Baileys oder ohne Amaretto? Dann könnte ich ganz ohne schlechtes Gewissen, jeden Abend ein Glas Wein trinken und stünde trotzdem gut da.

Stünde. Gerade ertappe ich mich dabei, wie ich versuche, mich selbst zu überlisten. Warum bin ich bloß so einfach zu durchschauen? Verzichten, ja bitte, aber lieb gewonnene Gewohnheiten aufgeben, nein danke – zugegeben, diese Argumentation ist alles andere als raffiniert. Nach außen gebe ich mich offen, immer bereit zu Veränderungen, selbstkritisch. Nach innen hingegen huldige ich der profanen Routine. Bloß keine Abenteuer! Es lebe der schöne Schein. Möge alles so bleiben wie es ist, Amen.

Kann es sein, dass da eine gewisse Unzufriedenheit durchschimmert? Warum habe ich eingewilligt, zu fasten, obwohl ich es nicht wollte? Ich hatte immerhin zwei Tage Bedenkzeit. Beim Schreiben dieser Zeilen erahne ich es: Ich will es wissen. Ich will mich selbst herausfordern, mich befreien von Routine und Alltagstrott. Ich faste nicht für Gott, sondern für mich selbst. Ich suche nach Schwestern und Brüdern im Geiste, nach neuen Erfahrungen, die mich meinen Mitmenschen näher bringen. Fasten alaaf! Vor meinem nächsten Großeinkauf gehe ich übrigens in den Teeladen.

Datum

0 04.03.2014 | 14:55

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