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Wolfgang: Ändere Dein Leben!

Wolfgang ThielmannLieber Stefan,

ja: Sie haben von uns den schwersten Part. Sie üben einen Verzicht, dessen Absicht weiter reicht als die 40 Tage. Am Ende steht kein Fastenbrechen, sondern eine Wendung. Das sieht zunächst nicht nach dem herkömmlichen Fasten aus. Doch auf einer tieferen Ebene erfüllt Ihr Weg genau das, wohin uns das Fasten führt.

Beim Fasten begeben wir uns auf den Weg zu uns selbst. Je weiter wir gehen, desto genauer lernen wir uns selbst kennen. Sie erleben das gerade mit allen Schmerzen, die dazu gehören. Zu mir gehören meine Gewohnheiten, meine Erwartungen und meine Abhängigkeiten. Sobald ich mich ihnen verweigere, erfahre ich in aller Konsequenz, wie sehr sie ein Teil von mir sind, wie sehr sie mich beeinflussen, wie abhängig ich bin. Wie sehr sie meine Wahrnehmung beeinflussen. Sie schreiben vom Genuss einer Zigarette zum Wein. Vielleicht werden Sie in einiger Zeit feststellen, wenn Sie einen guten, finessenreichen Wein kosten, wie viel mehr Aromen Sie wahrnehmen, weil kein Nikotin die Papillen betäubt.

Mir selber zu begegnen – das hat ein Ziel. In der Bibel heißt es Metanoia und ist ein Schlüsselwort des Christentums. Martin Luther hat es mit Buße übersetzt. In seinen 95 Thesen kommt es oft vor. Das Wort ist heute korrumpiert wie eine Raucherzunge. Für uns klingt es nach Gegenleistung, nach Ausgleich für eine Verfehlung. Wir zahlen eine Geldbuße.

Metanoia bedeutet aber: Den Sinn woandershin wenden, neue Erkenntnis gewinnen, dem Leben eine Wendung geben. Peter Sloterdijks Buchtitel „Du musst dein Leben ändern“ trifft es (fast) ganz gut. Es kommt aber mehr noch auf die innere Bereitschaft an, die Änderung zuzulassen. Denn die Bibel sagt, dass wir selber die Änderung nicht bewirken können. Das ist Gottes Sache. Unser Part ist es, den Willen und die Bereitschaft dazu zu entwickeln.

Ihr Fasten, Stefan, zielt auf Lebensänderung. Sie wollen aus Abhängigkeiten heraus. Und Sie erfahren gerade schmerzhaft, wie tief diese Absicht Ihr Leben verändert, wie viele Leerstellen es erst einmal schafft. Ihr Fasten führt, wie das, das Jesus praktiziert hat, in die Wüste. Die Veränderung kommt nicht schnell. Sie erleben, dass man sich den Weg erkämpfen muss, mit dem Geschmack von Staub im Mund und mit Sand in den Augen und unter den Füßen, der unter dem Gewicht nachgibt und jedem Schritt größere Mühe abfordert. Und Sie werden deutlicher als wir gewahr, dass wir den Weg zu uns selber zu Ende gehen müssen. Jesus trifft in der Wüste den Teufel. Wir vielleicht auch, weil er in uns steckt und von uns mehr Besitz ergriffen hat, als uns lieb ist.

Die Verheißung, die am Ende des Weges leuchtet, liegt darin: Wer sich selber richtig kennen gelernt hat, der kann bewusster umdenken und sich auf eine neue Lebensrichtung einstellen. Zu Jesu kamen am Ende die Engel und dienten ihm.

Davor liegt der Weg durch die Wüste. Den nimmt Ihnen niemand ab. Vielleicht machen Sie die Erfahrung des Propheten Elia. Der floh entmutigt in die Wüste und wollte sterben. Eigentlich sehnte er sich danach, Gott zu sehen. Er erlebt Sturm, Erdbeben und Feuer. Am Ende kommt ein stilles, sanftes Sausen. Daraus spricht Gott.

Das würden wir gern mit Ihnen erleben.

Datum

0 19.03.2014 | 15:36

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