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Astrid: Genuss ohne Reue

ProstDas Rezept ist ganz einfach. Man nehme fünf Limonen, entferne die Schale, halbiere sie und werfe sie in einen Mixer.  Auf die kleingeschnittenen Früchte gieße man sogleich Zuckerrohrschnapps (Cachaça) und püriere sie sodann bei Hochgeschwindigkeit im Mixer. Anschließend die  Flüssigkeit sieben und den reinen Limonen-Zuckerrohrsaft zurück in den Mixer schütten. Mit reichlich Eiswürfeln, braunem Zucker und frischer Minze erneut mixen, und fertig ist eine erfrischende Limonen-Batida…

Nun mag es Sie verwundern, liebe Leserinnen und Leser, ausgerechnet in unserem Fastenblog „Ohne“ ein Rezept für alkoholische Drinks vorzufinden.  Doch keine Sorge, ich habe mich nicht vorzeitig von der Fastenzeit verschiedet. Ich halte mich lediglich an die jüdische Tradition, nach der Sonntag als Freudentag vom Fasten frei bleiben sollte, wie jüngst unser Spiritus Rektor Wolfgang Thielmann erklärte. Die Katholiken haben diese Lesart ja glücklicherweise übernommen. 

Der vergangene Sonntag war ein solcher Freudentag. Allen Wettervorhersagen zum Trotz regnete es nicht. Euphorisch feierte ich gemeinsam mit brasilianischen Freunden den Frühlingsanfang mit einer Grillparty im Garten. Zunächst hatte ich mich gefragt: Soll ich dieses Mal auf die selbstgemachte Limonen-Batida verzichten? Doch dann die Gegenfrage: Warum sollten meine Freunde auf „ihren“ Begrüßungsdrink verzichten, nur weil ich faste?

In einem typischen Anflug von persönlicher Unentschiedenheit beschloss ich, es mir und meinen Gästen gleichermaßen recht zu machen. Ich schritt resolut zum Mixer, doch statt drei Flaschen Batida aufzufüllen, beschränkte ich mich diesmal auf nur eine. Das muss reichen, dachte ich mir, schließlich gibt es reichlich Bier, Saft, Wasser und Wein.

Doch schon kurz nachdem die ersten Gäste eintrudelten, merkte ich, dass mein Plan definitiv zum Scheitern verurteilt war. Nach kurzer Zeit war die Flasche leer, und als später noch mehr Freunden eintrafen, gab es zur Begrüßung nur noch warme Worte, aber keine Batida mehr. Angesichts der drängenden Nachfrage gingen meine brasilianischen Freunde irgendwann zur Selbsthilfe über. Sie fahndeten nach Limonen und Cachaça im Keller und machten sich am Mixer in der Küche zu schaffen. Minze, Eiswürfel, alles reichte noch für eine zweite Ladung aus, und so bekam ich als erste die neue Auflage des frisch gemixten Begrüßungsdrinks serviert. Er schmeckte einfach wunderbar! Selten habe ich in einer so fröhlichen Runde ein Getränk derart genossen.

Die Limonen-Batidas in fröhlicher Runde verführten mich allerdings nicht dazu, mir gleich auch noch einen Wein einzuschenken.  Wie ferngesteuert lief ich an den leeren Flaschenreihen vorbei und prostete meinen Gästen mit Wasser, Saft  und natürlich, den kleinen Batidas zu. Ich spürte kein Verlangen nach mehr Alkohol, sondern einfach nur die pure Freude am Genuss. Wenn ich nach 40 Tagen Alkoholverzicht, das Glas Wein am Abend, vielleicht in geselliger Runde, wieder richtig genießen kann, dann hat sich das Fasten gelohnt. Dieser fastenfreie Sonntag hat mir gezeigt, dass Genuss ohne Reue möglich ist.

P.S. Bis Ostern werde ich selbstverständlich auch noch ein paar Rezepte für alkoholfreie Drinks testen und weitergeben.

Datum

0 24.03.2014 | 17:43

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