Verzicht – ohne https://blogs.dw.com/ohne Fasten - drei DW-Reporter im Selbstversuch Tue, 29 Apr 2014 14:57:54 +0000 de-DE hourly 1 Astrid, Klaus, Stefan – Fastenbrechen!!! ;-) https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/29/astrid-klaus-stefan-fastenbrechen/ Tue, 29 Apr 2014 14:56:52 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=965 Liebes Publikum,

die Fastenzeit ist vorüber. Der Fasten-Blog hat seine Schuldigkeit getan. Das Experiment ist gelungen. Für alle, die sich gefragt haben, wie es uns, den drei „DW-Journalisten im Selbstversuch“ nach Ablauf der Fastenzeit gehen mag, für all jene veröffentlichen wir dieses Foto

 Fastenbrechen 2014-04-27_17.39.49

Es zeigt Astrid, Klaus und Stefan beim sonntäglichen Grillen im Garten von Wolfgang, unserem theologischen Spritus Rector. Astrid, die Auf-Alkohol-Verzichterin,  hat eine echt brasilianische Batida de Lemon gemixt. Stefan, der Ex-Raucher, hat sich in den Grill-Qualm gestellt. Und Klaus, unser Fleisch-Zucker-und-Koffein-auf-Zeit-Verächter hat Fleisch mitgebracht. Es wurde ein geselliger Abend mit anregenden Gesprächen, an dem jeder der Beteiligten  so seine ganz eigene Bilanz zog. Ein Fazit aber trifft auf alle zu: Das Fasten hat sich gelohnt!

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Klaus: Fastenerkenntnisse https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/20/klaus-fastenerkenntnisse/ Sun, 20 Apr 2014 22:06:27 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=889 KlausAls Kind konnte ich den Ostersonntag kaum erwarten. Das Eiersuchen hatte eine magische Anziehungskraft. Schließlich stellte es eine deutlich intellektuellere Herausforderung dar als das Geschenkeauspacken an Heiligabend. Für meine Eltern war es eher eine sportliche Herausforderung, schließlich mussten sie extra früh aufstehen, um die Ostereier rechtzeitig  zu verstecken, bevor ich – im wehenden Pyjama – im Garten stand.

Meine Herausforderung heute morgen war masochistischer Natur: Wie lange würde ich den Moment hinauszögern können, bis zum ersten Mal endlich wieder ein Cappuccino meine Lippen berührt, Zucker zwischen meinen Zähnen knirscht und ein Steak über meine Zunge spaziert?

Und noch eine Herausforderung hatte ich mir gestellt: Heute, da dieser Moment gekommen war, wollte ich Erkenntnisse aus meiner langen Fastenzeit ziehen. Weise Botschaften für alle, die nach mir auf die Idee kommen, auf Kaffee, Fleisch, Zucker oder andere Dinge 40 Tage lang zu verzichten.

Punkt acht Uhr morgens stand ich in der Küche,  zugegebenermaßen etwas unschlüssig: Jetzt schon Kaffee aufsetzen? Und ihn dann allein trinken? Nein. Schließlich hatten wir Gäste zum Osterfrühstück eingeladen. Um zehn Uhr. Fastenerkenntnis Nummer eins an diesem Morgen: Nicht nur fasten sondern auch das Fasten brechen sollte man in Gemeinschaft. Es ist etwas Besonderes, das man feiern sollte.

Also erst einmal den Keller auf den Kopf stellen, um den Karton mit den Osternestern zu finden. Gefunden hat sie meine Frau, als ich nach einer halben Stunde immer noch dort unten wütete. Warum hatte mir mein früheres Eiersuchtalent beim heutigen Nestersuchen nicht geholfen? Aus diesem Vorfall leitete ich Fastenerkenntnis Nummer zwei ab:  Man sollte sich auf vergangene Erfolge besser nichts einbilden. Dass man die Kraft hat zu verzichten, muss man sich jeden Tag aufs Neue beweisen.

Als unsere Gäste schließlich um zehn Uhr eintrafen, war es so weit: Mein erster Schluck Kaffee, mein erster Löffel Zucker, mein erstes Salami-Brötchen… umwerfend!!! Und mir schwante Fastenerkenntnis Nummer drei: Langer Verzicht steigert den Genuss. Die Fastenzeit ist eben das: ein 40 Tage langer Verzicht. Und wenn der Genuss-Kick noch größer sein soll, stellt man am Ostersonntag nicht den Wecker, um gleich kurz nach Mitternacht das Fasten zu brechen, sondern zögert den Moment hinaus. Sich von der Sonne wecken lassen, aufstehen, unschlüssig in der Küche herumstehen, eine halbe Stunde lang Osternester suchen – oder was einem sonst so in den Sinn kommt. Und erst dann, mit ruhiger Hand und wachem Geist, das genießen, worauf man so lange verzichtet hat.

Der zweite Kaffee übrigens – das hätte ich mir eigentlich denken können – schmeckte nicht mehr  umwerfend wie der erste. Er schmeckte „nur“ gut. Wie er mir vor der Fastenzeit auch geschmeckt hatte. Ich trank sogar noch einen dritten Kaffee, später am Tag. Und auch der schmeckte nicht umwerfend. Fastenerkenntnis Nummer vier: Genuss lässt sich nicht mit der Menge steigern. Erst wenn man erneut Verzicht geübt hat, kann man auch erneut genießen.

Schließlich fiel mir noch etwas auf: Ich hatte zwar meine Familie und auch unsere Freunde, die uns heute besuchten, wochenlang mit meinen Fastengeschichten die Ohren gefüllt. Aber als dann mein magischer Moment gekommen war, übten die gefärbten Ostereier auf alle weitaus mehr Magie aus als ich. Kurzum: Wenn ich nicht darauf hingewiesen hätte, dass ich mit diesem Schluck Cappuccino 40 Tage Fastenzeit beende, hätte es möglicherweise keiner gemerkt. Daher Fastenerkenntnis Nummer fünf: Nur wer selbst gefastet hat, kann beim Fastenbrechen wahrhaft tiefen Genuss empfinden.

In diesem Sinne: bis Aschermittwoch!

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Wolfgang: Wozu will ich frei sein? https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/16/wolfgang-wozu-will-ich-frei-sein/ Wed, 16 Apr 2014 09:08:53 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=831 Wolfgang ThielmannLiebe drei,

auf der letzten Strecke löst das Fasten Glücksgefühle aus. Wie beim Marathon. Anders als bei Sprint und Mittelstrecke braucht Marathon keinen Schlussspurt. Über den Sieg entscheidet die Ausdauer: der Weg ist das Ziel. Sie drei haben sie gezeigt. Jetzt ist das Ziel nah und die Versuchung gering, noch auf den letzten Metern auszusteigen. Jetzt steigt Vorfreude auf den Genuss oder, bei Stefan, auf dass Bewusstsein, durchgehalten zu haben, was die nach dem Fasten beginnende Strecke leichter macht.

Mich beschäftigt immer noch die Frage nach dem Wert des Fastens. Und nach seinem Ertrag. Sie haben ihn für sich selbst definiert. Astrid hat den Sinn gefunden, dass Fasten, ihr Fasten, für viele Menschen normal ist. Damit gewinnt Fasten eine soziale Bedeutung. So zu fasten bringt mich anderen Menschen näher. Deshalb auch hat Astrid den Wunsch geäußert, dass Fasten auch für sie zu einer normalen Sache wird. Und dass sie das Gefühl überwindet, damit etwas Besonderes zu tun. Fasten wird zu einem Zeichen der Solidarität.

Bisher haben wir den Sinn des Fastens überwiegend für uns selbst formuliert. Doch etwa Stefan, der begonnen hat, das Rauchen aufzugeben, zeigt Verantwortung, nicht nur für sich, sondern auch für andere.

Den Gedanken finde ich auch im neuen „Lexikon des Dialogs“ wieder. Es stellt christliche und islamische Überzeugungen einander gegenüber. Aus islamischer Sicht ist Fasten vorgeschrieben und schult die Willenskraft. Es hilft, geistig zu reifen. Seinen Kern „macht die Erfahrung einer inneren Reinigung sowie der Wunsch nach Gottesnähe aus“, sagt der Islamgelehrte Talip Türcan. Dieses Verständnis haben wir schon bei Gregor von Nyssa kennen gelernt. (Nyssa ist das heutige Nevşehir in der Türkei. Vielleicht hat Gregor da sein Erbe hinterlassen.)

Aus christlicher Sicht ist Fasten dagegen ein Mittel zum Zweck. „Entscheidend ist“, schreibt der katholische Theologe Martin Thurner aus München, „dass das Fasten aus einer inneren Intention heraus geschieht und auch von tätigen Werken der Umkehr und Nächstenliebe begleitet wird.“

Das heißt also: Niemand fastet nur für sich allein. Wer es mit Gott und vor Gott tut, der gewinnt dabei auch einen Blick für andere. Freiheit ist nicht nur Freiheit von: Vom Alltag, vom Genussbedürfnis. Sondern auch Freiheit zu: zur Hingabe, zum Engagement, zur bewussten Entscheidung. Zugunsten von Menschen, die uns brauchen.

Nicht nur unsere vom Alltag oder vom Nikotin betäubten Papillen werden geöffnet, um neu zu schmecken, sondern auch unsere Sinne, um neu wahrzunehmen: Wozu tue ich, was ich tue, wozu will ich es tun?

Was werden Sie mit der neuen Freiheit anfangen, wem soll sie zugute kommen? Wenn Sie mögen, lassen sie uns das zum Schluss zusammentragen.

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Wolfgang: Verkürzt Fasten das Fegefeuer? https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/13/wolfgang-verkuerzt-fasten-das-fegefeuer/ Sun, 13 Apr 2014 04:38:35 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=779 Wolfgang ThielmannLiebe Mitfastende,

wir fangen an, Resümee zu ziehen und unsere Absichten und unseren Ertrag zu definieren. Wir beginnen zu spüren, dass uns ein Gewinn an Freiheit winkt. Weil sich das Maß verschoben hat, ist aus Genuss Gewohnheit geworden.  Durch den Verzicht wird das deutlich. Wir können das Maß neu justieren. Graduell wie Astrid und Klaus oder radikal wie Stefan.

Dabei sollen wir uns nicht besser fühlen, sagt Astrid. Verzicht ist normal. Denn vielen bleibt nichts anderes übrig. Also ist Fasten auch ein Akt der Solidarität mit anderen, die zum Verzicht gezwungen sind. Das entspricht dem Tweet von Papst Franziskus am 31. März: „Die Fastenzeit ist die Zeit zum Kurswechsel, um gegen das Böse und das Elend anzugehen.“

Es hat mich auch an die Sätze erinnert, die Jesus in Matthäus 6 zum Fasten gesagt hat: Keine nach Anerkennung fischende Leichenbittermiene. Normalität. Und ein bisschen preußische Pflichterfüllung. Auch die geht auf ein Wort zurück, das Jesus seinen Jüngern sagte: „Wenn ihr getan habt, was euch aufgetragen ist, dann sagt: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“ Das Maß bewahren, nicht zu viel Wind um die eigene Leistung machen.

Kann man trotzdem das Ende feiern? Den wieder gewonnenen Genuss? Oder die Freiheit, wie Stefan? Oder noch mehr?

Der Katechismus der katholischen Kirche bestätigt unsere Erfahrung. Die Fastentage tragen dazu bei, sagt er, „dass wir uns die Herrschaft über unsere Triebe und die Freiheit des Herzens erringen.“ Er stellt Jesus in der Wüste als Vorbild der Fastenden hin. Seinen Gehorsam gegenüber seiner Berufung. Seine Standhaftigkeit gegen das Angebot der Macht und des Einflusses. Dreimal wehrt er sich gegen Angebote und Argumente des Teufels. Dann zieht der Teufel sich zurück, und beim Evangelisten Matthäus heißt es: Engel kamen und dienten ihm. Im katholischen Katechismus folgt der Satz: „Durch die vierzigtägige Fastenzeit vereint sich die Kirche jedes Jahr mit dem Mysterium Jesu in der Wüste“. Braucht man zum Fasten die Kirche? Gewinnt es dadurch an Tiefe?

Noch weiter geht der zweithöchste Jurist im Bistum Eichstätt, Alexander Pytlik, der sich auch als Internetpfarrer betätigt. In einer Predigt zum Fastensonntag erinnert er an die katholische Ablasslehre: Durch Fasten, Beten und durch andere fromme Übungen wie den Besuch bestimmter Kirchen können Katholiken sich selber oder anderen die Zeit im Fegefeuer verkürzen oder ganz ersparen. Denn dann genießen sie sozusagen ihre persönliche Rendite des Kirchenschatzes, der aus den Verdiensten Jesu und der Heiligen besteht und aus dem die Kirche austeilen kann.

Das ist konfessionell vermintes Gelände. Luthers 95 Thesen richten sich genau gegen den Ablass. Protestanten lehnen wenige Lehren so strikt ab wie diese. Doch sie gehört zur katholischen Kirche. Und die Ablasslehre stellt uns eine interessante Frage: Gefallen wir Gott mit Fasten, kommen wir ihm näher, unabhängig davon, ob wir das empfinden oder nicht? Und macht es also die Welt ein bisschen besser, auch wenn das niemand wahrnimmt?

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Astrid: Verzicht ist normal https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/11/astrid-verzicht-ist-normal/ Fri, 11 Apr 2014 06:15:21 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=753 IMG_8557Warum fastest Du eigentlich? Nur wegen des Blogs? Meine Kollegin Greta wollte es genau wissen. Und da spürte ich sie wieder, diese Scheu, die Wahrheit zu sagen. Schließlich ist ein Blog kein Beichtstuhl. Wie viel gebe ich von mir preis, ohne mich der Lächerlichkeit preiszugeben? Wie viel Wahrheit vertrage ich im Online-Modus?

Die ehrliche Antwort lautet: Weniger als ich dachte. Aber immerhin soviel ist sicher: Ich faste nicht allein für den Blog, nein. Doch ich räume ein: Ohne den Blog hätte ich nicht angefangen zu fasten. Schon lange hatte ich das Gefühl, dass ich ein Gläschen Wein zu viel trinke. Allein, es fehlte die Motivation, daran etwas zu ändern. Schließlich ist es sehr entspannend, den Tag mit einem Rotwein ausklingen zu lassen.

Der Blog brachte diese gemischten, aber verdrängten Gefühlen wieder zum Vorschein. Ich entschied, mich selbst unter Beobachtung zu stellen. Bislang betrachte ich das Ergebnis dieser alkoholischen Enthaltsamkeit als positiv. Ich leide nicht unter Entzugserscheinungen, und finde neuerdings sogar Gefallen an exotischen Fruchtsäften wie Maracuja und Rhabarber. Auch für blumige Teesorten wie „Arabische Nacht“ kann ich mich mittlerweile erwärmen.

Überschwängliche Glücksgefühle blieben allerdings bisher aus. Der vermeintlich starke Geist kostet seinen Triumph über das schwache Fleisch nicht aus. Vielmehr macht sich eine gewisse Normalität bemerkbar. Ich frage mich: Ist Verzicht überhaupt ein Verdienst? Schließlich gibt es so viele Menschen, die unfreiwillig Verzicht üben und darüber kein Wort verlieren. Weil sie krank sind und eine rigorose Diät einhalten müssen, weil sie nach einem Unfall im Rollstuhl sitzen oder weil sie schlicht kein Geld haben, um sich ihre Wünsche zu erfüllen, sondern ihr Leben von Armut und Entbehrungen gezeichnet ist. Verzicht gehört für sie zum Leben wie Krankheit und Tod. Er ist alltäglich und normal.

An dieser Stelle spüre ich, dass ich meiner Kollegin Greta noch eine zweite Antwort auf die Frage schuldig bin, warum ich faste. Ich möchte nämlich dabei das Gefühl überwinden, etwas besonderes zu tun. Die siebenwöchige Fastenzeit soll Verzicht für mich zur normalsten Sache der Welt machen, genauso wie dies für die Mehrheit der Menschheit der Fall ist. Natürlich trägt mein Verzicht nicht dazu bei, dass es weniger Leid und Armut auf dieser Welt gibt. Doch er hilft zumindest, Fasten als eine luxuriöse Übung wahrzunehmen und schafft neue Perspektiven. Kurz: Ich faste, weil Verzicht normal ist.

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Stefan: Gender-Alarm?! https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/02/stefan-gender-alarm/ https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/02/stefan-gender-alarm/#comments Wed, 02 Apr 2014 14:09:36 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=668 Stefan Dege, DW-RADIO/Deutsches Programm, Zeitgeschehen, 19.07.2007„Zuerst schuf der liebe Gott den Mann, dann schuf er die Frau. Danach tat ihm der Mann leid und er gab ihm Tabak.“ Mark Twain
Dieses Zitat, von dem ich nicht weiß, ob es wirklich von Samuel Langhorne Clemens alias Marc Twain stammt, schickte mir eine Kollegin aus der russischen Deutsche Welle-Redaktion, augenzwinkernd natürlich. Ich persönlich glaube ja, der Mann macht es sich zu einfach.  Leider ist es so, dass – zumindest in Deutschland – in allen Altersgruppen mehr Männer als Frauen zum Glimmstengel greifen. (Und schwerer davon loskommen) Auf lange Sicht aber nähern sich Raucherinnen und Raucher zahlenmäßig aneinander an, sagt die Wissenschaft. Und was meint Mark Twain?
Er versteht Rauchen wohl als notwendigen Trost. Verschreibt den Tabak als Mittel zur Stimmungsaufhellung, weil Männer schließlich unter Frauen leiden. Liest man Astrids letzten Blog, klingt das ganz anders: „Frauen“, zitiert sie eine Umfrage der weltbewegenden „Apotheken-Umschau, „brechen häufiger mit dem Fasten als Männer.“ Dann zieht sie vom Leder: „Männer halten durch, Frauen geben auf. Vielleicht bringen sie sogar noch ihre Männer, die tapfer fasten, vom Pfad der Tugend ab. Ohne Evas Verführungskünste lebte die Menschheit schließlich noch immer im Paradies!“  Das ist harter Tobak. Das ist Kampfansage, denn es trägt den Gender-Pilz in unseren Fasten-Blog. Immerhin würzt die Kontroverse das zunehmend zur Gewohnheit werdende Fasten-Einerlei mit Nabelschau und theologischer Begleitmusik. Bis Ostern dauert es noch.
Zum Trost für Astrid und alle, die sich über Marc-Twains ironische Bemerkung geärgert haben, mag dieses Bonmot des amerikanischen Schriftstellers gereichen: „Was wäre die Menschheit ohne die Frauen? Rar, sehr rar.“

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Astrid: Eine Portion Mitleid, bitte! https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/01/astrid-ein-portion-mitleid-bitte/ Tue, 01 Apr 2014 15:14:08 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=658 Astrid Prange De OliveiraDa ist sie wieder, die Suche nach dem Sündenbock! Frauen brechen häufiger mit dem Fasten als Männer – dies will eine Umfrage der „Apotheken-Umschau“ herausgefunden haben. Das Ergebnis versetzte meinen Mitbruder Klaus in seinem jüngsten Blog-Eintrag in Hochstimmung. Hatte er es nicht schon immer geahnt? Männer halten durch, Frauen geben auf. Männer muten sich Unzumutbares zu, Frauen ist nichts zuzumuten.

Ja, es ist hart aber wahr: Am weiblichen Wesen wird die Welt wohl kaum genesen. Frauen scheitern an sich selbst, an ihrem schwachen Willen, an ihren ewigen Selbstzweifeln und Existenzfragen. Damit nicht genug: Vielleicht bringen sie sogar noch ihre Männer, die tapfer fasten, vom Pfad der Tugend ab. Ohne Evas Verführungskünste lebte die Menschheit schließlich noch immer im Paradies.
Vielleicht sollte sich unsere ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen die von meinem Mitbruder Klaus erwähnte Umfrage der „Apotheken Umschau“ noch einmal etwas genauer anschauen. Für ihren zähen Einsatz zugunsten einer Frauenquote könnten die Ergebnisse einen herben Rückschlag bedeuten. Wenn Frauen schon am Fasten scheitern, warum sollten sie dann in den Aufsichtsrat einer Firma einziehen?
Willensschwach, wehleidig, wahrheitsliebend – mit diesen anscheinend typisch weiblichen Eigenschaften lässt es sich auf dieser Welt nur schwer überleben, außer natürlich an der Seite eines starken Mannes. Die Fasten-Umfrage der „Apotheken-Umschau“ hat somit ein wahres Wunder vollbracht: Sie hat nicht nur die Männer von ihrem „Emanzipationsfrust“ befreit, wie Klaus schreibt, sondern auch noch die Frauen von ihrem Zwang, sich zu emanzipieren!
Glückwunsch: Ein echter Befreiungsschlag mitten in der Fastenzeit. So einen Coup haben Blätter wie „Brigitte“ oder „Emma“ noch nie gelandet! Apropos „Emma“: Auch die kampferprobte Feministin Alice Schwarzer hat ja unlängst ihre ganz persönliche Schwäche eingestanden.Nur aus Angst vor der zunehmenden Hetze gegen ihre Person hierzulande habe sie Geld auf ein Schweizer Konto überwiesen, ließ sie die Medien wissen. Das Geld ermögliche es ihr, jederzeit in die Alpenrepublik flüchten zu können.
Von wegen also starke Frauen. Ein paar Wochen Fasten, und schon versinken Gleichberechtigung und Emanzipation in Schutt und Asche?! Wo bitte bleibt das Mitleid mit uns armen Frauen? Immerhin, ich tröste mich damit, dass ich nun wenigstens weiß, warum ich nicht zur Heldin geboren wurde. Und schließlich gäbe es ohne schwache Frauen auch keine starken Männer. Bei aller Liebe zum Fasten: Darauf könnte ich nun wirklich nicht verzichten!

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Wolfgang: Vom Erkiesen und Fryheit der Spysen https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/30/wolfgang-vom-erkiesen-und-fryheit-der-spysen/ https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/30/wolfgang-vom-erkiesen-und-fryheit-der-spysen/#comments Sun, 30 Mar 2014 14:41:27 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=641 Wolfgang ThielmannLiebe drei,

ist Fasten gesund? Das wissen nicht einmal die Kollegen von Men’s Health, und wenn die es nicht wissen, dann kann es nicht gesund sein. Mit Abnehmen wird es auch nichts. Eine Woche vegetarische Ernährung lässt mich Mengen vertilgen, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Eigentlich sagt die katholische Fastentradition, dass man eine Hauptmahlzeit und zwei kleinere pro Tag zu sich nehmen sollte. Ich wüsste nicht, wie ich das einhalten könnte. Wahrscheinlich braucht das richtige Vorbereitung.

Und dann noch die kleinen Versuchungen. In der vergangenen Woche hatte ich zwei Tagungen zu absolvieren, beide in kirchlichen Einrichtungen. Durch die Hinreise dachte ich nicht ans Essen. Die Tagungsleiterin hatte Teilchen mitgebracht, damit niemand hungert. Wie freundlich. Ich sprach meine Nachbarin auf die Fastenzeit an. „Ach, sagte sie“, die hält doch sowieso keiner ein.“ „Ich bin gerade dabei“, sagte ich und erntete einen mitleidig-ironischen Blick. Am nächsten Tag waren wir im Erzbischöflichen Generalvikariat zu Gast. Bei Wasser, Kaffee – und Plätzchen. Auch da kann es sein, dass einer der Einladenden ein bisschen Beköstigung mitgebracht hat; ich habe nicht gefragt. Kirchliche Häuser, finde ich, könnten auf Wunsch Fastenverpflegung anbieten. Beide Male blieb ich standhaft. Und kam hungrig zu Hause an.

Was heißt „hungrig“: Richtig gehungert habe ich nur einmal im Leben, auf dem Land in Kambodscha und Vietnam. Einen Tag lang wusste ich nicht genau, wann ich das nächste Mal würde essen können. Aber meine Gruppe fuhr nach Saigon, deshalb musste ich mir endgültig keine Sorgen machen. Im Vorbeifahren sah ich Menschen vor leeren Reisspeichern sitzen, ohne die Aussicht, die ich hatte. Seitdem höre ich es mit anderen Ohren, wenn es heißt, dass Menschen unter einer Hungersnot leiden. Es muss furchtbar sein, auch wenn das Hungergefühl nachlässt.

Als ich vor den süßen Sachen aufstand, ohne davon genommen zu haben, spürte ich einen euphorischen Moment. Ich hatte durchgehalten, weil ich wollte. Ein Freiheitsgewinn. Und ich beginne, mich auf das Fastenbrechen am Wochenende und schließlich zu Ostern zu freuen. Auf den Genuss. Und zugleich spüre ich, dass die Freiheit Übung braucht, dass die Wochen des Fastens für mich einen Sinn ergeben.

Dabei ging mir der Schweizer Reformator Huldrych Zwingli durch den Kopf. Der veranstaltete das Gegenprogramm. Er begann die Reformation in Zürich mit einem öffentlichen Wurstessen zum Beginn der Fastenzeit. Zwei Wochen später ließ er ein Buch folgen: „Von Erkiesen und Fryheit der Spysen“. Darin hat er die Grundsätze festgehalten, die beim Wurstessen nicht so eindeutig erkennbar waren. Auf die sind auch Sie in den letzten Tagen gekommen. Zwingli ist gar nicht gegen das Fasten, sondern nur dagegen, dass man andere dazu verpflichtet. Und dass man ihnen sagt, Fasten sei nötig, um das Heil zu erlangen. Er argumentiert dagegen, dass Christus die Menschen von Reinheits- und Speisevorschriften befreit hat. Christus habe ihnen die Freiheit gegeben, ihr Leben nach seinen Maßstäben zu gestalten, ohne dass daraus Vorschriften für alle werden. Zwinglis Schrift ist ein Manifest der Freiheit. Hier kommt ein Abschnitt, aus dem Schwizerdütsch des 16. Jahrhunderts in heutige Sprache übersetzt: „Willst du gerne fasten, dann tue es. Willst du dabei auf Fleisch verzichten, dann iss auch kein Fleisch. Lass mir aber dabei dem Christen die freie Wahl. Doch wenn dein Nächster daran Anstoß nimmt, wenn du von deiner Freiheit Gebrauch machst, dann sollst du ihn nicht grundlos in Schwierigkeiten oder Versuchung bringen. Nur wenn er den Grund deiner Freiheit erkennt, wird er nicht mehr daran Anstoß nehmen, es sei denn, er wolle dir vorsätzlich übel. Vielmehr sollst du deinem Nächsten in freundlicher Weise den Glauben erklären und ihm sagen, dass auch er alles essen dürfe und er darin frei sei.“

Freiheit wird unser großes Thema. Allerdings spiegelverkehrt wie bei Huldrych Zwingli. Der wehrte sich gegen die religiöse Vorschrift. Wir stehen davor, dass Leute mit der religiösen Übung nichts mehr anfangen können. Und uns damit aufziehen.

Freiheit – den Trott überwinden, Gewohnheiten neu entwickeln. Freiheit braucht Form und Balance. Alltag und Routine fressen sie an. „Zur Freiheit hat euch Christus befreit“, sagt Paulus im Brief an die Galater. „So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen.“ Wie kann, wie wird das für uns aussehen?

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https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/30/wolfgang-vom-erkiesen-und-fryheit-der-spysen/feed/ 1
Klaus: G-Wort, Streik, Schnaps https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/28/klaus-g-wort-streik-schnaps/ Fri, 28 Mar 2014 15:57:47 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=631 KlausDas G-Wort („gesund“) hat gute Chancen auf den Titel „Mein Unwort des Monats“. Einziger Konkurrent ist „Streik“.

Dass sich die Sesselwärmer in den Verkehrsbehörden dazu entschlossen haben, gleichzeitig mehrere Rheinbrücken zu renovieren, legt seit Wochen unsere ganze Region lahm. Kilometerlange Staus. Beste Gelegenheit für einen Streik der öffentlichen Verkehrsmittel, haben sich da die Gewerkschaftler gedacht. Einen Tag letzte Woche, zwei Tage diese Woche. Kurzum: Ich musste meinen Drahtesel aus dem Winterschlaf reißen, um mich täglich zur Arbeit und zurück geschätzte 25 und gefühlte 50 Kilometer abzustrampeln.

„Ist doch gesund“, bekam ich zu hören. „Und passt super zu deinem gesunden Fastentrip!“ Was soll, bitteschön, gesund daran sein, zu Arbeitsbeginn schwitzend und mit zittrigen Knien dazusitzen, ohne sich einen belebenden Kaffee mit zwei Löffeln Zucker reinpfeifen zu können – und dasselbe dann nach Feierabend? Woher diese Schnapsidee, auf alles, was in irgendeiner Form die Batterien wieder aufladen könnte, gleichzeitig verzichten zu wollen? Apropos Schnaps: Warum hab ich nicht einfach den Alkoholverzicht genommen, als wir die Fastenprogramme unter uns aufgeteilt haben?

„Schluss mit dem Trott“?! Seit ich gestern abend Punkt halb neun weggenickt und erst heute morgen wieder aufgewacht bin, wünsche ich mir meinen gezuckerten, fleischhaltigen, koffeingetränkten Alltagstrott zurück.

Ordentlich Energie tanken – hätte nie gedacht, dass das einmal ganz oben auf meiner Wunschliste stehen könnte. Nein, knapp drüber steht: einen Tag ohne „G-Wort“!

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Wolfgang: Vor der Freiheit kommt die Zucht https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/25/wolfgang-mit-zucht-auf-den-weg-der-freiheit/ Tue, 25 Mar 2014 13:05:25 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=579 Wolfgang ThielmannLiebe Astrid, lieber Klaus,

Cocktailrezepte im Fastenblog sind auch für mich eine Premiere. Mal schauen, wie ich damit umgehe. Vielleicht sollten wir ein Fest zum Fastenbrechen veranstalten und sie dabei ausprobieren.

Ich musste in den letzten Tagen zweimal Güter abwägen. Am Ziel einer Reise bot mir eine Ordensfrau Kekse und Schokolade an. Und es stand eine Schale Oliven auf dem Tisch. Sie hat mich darauf hingewiesen, dass man auf Reisen nicht fasten muss. Ich habe versucht, einen Mittelweg zu wählen, und zwei Kekse gegessen. Um die Gastfreundschaft zu ehren. Sie selber blieb bei den Oliven. Und gestern abend um halb zehn, als ich aus der Redaktion nach Hause kam, stand ein spontaner Besucher vor der Tür, der mir einen Gefallen tun wollte. Ich bot ihm einen Wein an, weil ich wusste, dass er nicht fastet und dass er Wein mag. Hätte ich Wasser trinken sollen? Am liebsten hätte ich es getan. Aber es schien mir gastfreundlicher, ein Glas mit ihm zu teilen. Ein zwiespältiger Genuss. Jetzt steht eine angebrochene Flasche im Kühlschrank. Und ich weiß noch nicht, was ich heute abend tun soll: Schütte ich den Rest weg, um zu fasten? Oder genieße ich noch einmal, vielleicht halbherzig?

Da sind wir beim Thema der Freiheit und der Entscheidung. Sie haben sich klar gemacht, dass Sie sich frei zum Fasten entschieden haben. Und sich auf dem Weg gefragt, ob das eine gute, eine nützliche Entscheidung war. Jetzt, wo das Fasten nicht mehr so schwer fällt, kommt der Zweifel, wem es hilft, bis zum Ende durchzuhalten, wenn es keinen Kick mehr bringt. Und manchmal wächst die Unentschlossenheit.

Dietrich Bonhoeffer, der Märtyrer, hat Situationen wie diese gekannt und dazu ein – ziemlich unbekanntes – Gedicht über die „Stationen auf dem Weg zur Freiheit“ geschrieben (der Titel im Link ist leider verkürzt). Ich habe die erste Strophe auswendig gelernt, als ich mich zum Theologiestudium entschlossen hatte und darin meine Berufung sah, die ich durchhalten wollte. Was Bonhoeffer sagt, spiegelt sich im strengen Versmaß von Distichen, also Zweizeilern aus Hexameter und Pentameter. Sie verleihen den Gedanken die Wucht von Glockenschlägen. Für Bonhoeffer fängt der Weg zur Freiheit mit „Zucht“ an, wir würden sagen: mit der Beherrschung. Wer frei werden will, muss seinen Willen trainieren und über die Begierden des Augenblicks hinwegkommen.  Stefan erlebt das mit dem Nikotin-Entzug von uns allen am heftigsten und unmittelbarsten.

Aber wir haben uns alle auf den Weg zur Freiheit begeben. Darin liegt der Reiz, die Entscheidung durchzuhalten. Die Freiheit liegt – noch – vor uns.

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