Frühlingsgefühle – ohne https://blogs.dw.com/ohne Fasten - drei DW-Reporter im Selbstversuch Tue, 29 Apr 2014 14:57:54 +0000 de-DE hourly 1 Astrid: Frühlingsgefühle https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/20/astrid-fruehlingsgefuehle/ Thu, 20 Mar 2014 11:15:55 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=533 Astrid4Frühlingserwachen am Rhein! Während ich gemächlich am Ufer entlang radele, sprießen die Gedanken. Fast drei Fastenwochen sind überstanden, und ich fühle mich nicht schlecht. Ehrlich gesagt: Ich fühle mich sogar ausgesprochen gut, auch wenn ich es nicht offen zugebe. Es überrascht mich selbst.

Natürlich sind die Gedanken an ein oder auch zwei Gläschen Wein am Abend nicht verschwunden, nein. Und natürlich können auch Maracujasaft oder Rhababerschorle diesen Genuss nicht ersetzen.  Doch irgendwie habe ich durchgehalten.

Ich könnte also zufrieden und gelassen sein. Fast drei Wochen ohne Alkohol, die Hälfte der Fastenzeit ist beinahe überstanden. Doch trotz aller Dankbarkeit und Stolz auf die eigene Standfestigkeit komme ich nicht zur Ruhe.

Denn was wäre Standfestigkeit ohne Wankelmut? Fasten ohne Anfechtung? Ich spüre, dass die ersten warmen Sonnenstrahlen bei mir nicht nur Glücksgefühle freisetzen, sie beschleunigen auch absurde Gedanken, die sich im schimmernden Frühlingsgewand  heranschleichen und beachtliche Verführungskraft entfalten.

Ich radele am Rhein entlang und bei jedem Tritt in die Pedale werden die Gedanken skuriler. Ein Universum von Ersatzhandlungen tut sich vor dem lauen Horizont auf. Warum nicht die Fastenzeit  mit ein paar Kisten Sekt ohne Alkohol vereinfachen? Vielleicht gibt es sogar alkoholfreien Wein, der genießbar ist, und den ich im Keller deponieren könnte?  Und natürlich: Shoppen zur Belohnung und Ablenkung, das funktioniert immer. Ich bekenne: Dieser Ersatzhandlung habe ich bereits gefrönt!

Auch unsittliche Anwandlungen schießen mir durch den Kopf: Wie wäre es mit einer Fasten-Tauschbörse?  Ich nehme Mitstreiter Klaus ein paar Tage vom Fleischverzicht ab, dafür verzichtet er für mich auf Alkohol. Oder ich rauche für den vom Nikotinentzug geplagten Stefan ein paar Zigaretten, und er prostet mir schadenfroh zu?

Woher kommen solche Gedanken? Soll ich darüber lachen oder weinen? Mir schwant, dass diese Verirrungen nicht nur auf Frühlingsgefühle und Alkoholverzicht zurückzuführen sind. Der tägliche Kick hat mich noch fest im Griff. Von der inneren Ruhe und Zufriedenheit bin ich noch weit entfernt.  Mal sehen, ob es bis Ostersonntag besser wird.

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Astrid: Die katholische Versuchung https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/07/astrid-die-katholische-versuchung/ https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/07/astrid-die-katholische-versuchung/#comments Fri, 07 Mar 2014 10:33:43 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=287 Astrid 1Mein Nachbar hat mich gestern gerettet.  Ganz locker, quase im Vorbeigehen, erlöste er mich  von dem  evangelischen Fastengebot „Sieben Woche ohne“. Mehr noch: Er als Katholik führte mir als Protestantin die Vorzüge der Ökumene, die ja bekanntlich einen schweren Stand hat, unverhofft vor Augen.

Ich kam gerade von der Chorprobe, und hätte so gerne mit ihm einen Baileys getrunken! Klar, nicht jeder trinkt mit seinem Nachbarn regelmäßig Baileys, aber für uns gehört dieses Ritual dazu, schließlich singen wir beide Tenor im Gospelchor der Gemeinde, und diese musikalische Verbundenheit gehört gefeiert.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich versichere hiermit, dass gestern ich KEINEN Baileys getrunken habe. Aber ich gebe zu,  die Aussicht, dass dieser Genuss ohne Reue nun schon sehr bald, genauergesagt in zwei Tagen, möglich ist, hebt meine Fastenlaune ganz erheblich, ja ich spüre, wie Frühlingsgefühle in mir aufkommen…

Die gute Laune verdanke ich meinen katholischen Glaubensbrüdern und Schwestern, zu denen eben auch mein Nachbar gehört. Er machte mich nämlich darauf aufmerksam, dass die Fastenzeit „nur“ 40 Tage dauert und nicht sieben Wochen. Da zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag jedoch bekanntermaßen 46 Tage liegen, sind folglich sechs Tage fastenfrei!

Was wäre die Welt ohne Katholiken!  Es lebe die Ökumene! Um auch ganz sicher zu sein, lese ich es noch einmal  auf www.katholisch.de nach. Unter der Überschrift: „Fastenzeit: 40 Tage ohne“  heißt es dort: „Die Fastenzeit beginnt unmittelbar nach Karneval mit dem Aschermittwoch und endet mit der Osternacht. Die Sonntage in der Fastenzeit gelten nicht als Fastentage und werden deshalb nicht mitgezählt – daher dauert die Fastenzeit 40 Tage“.

Sonntag also werde ich mit meinem Nachbar anstoßen, dieser ökumenische Austausch ist einfach bereichernd! Vielleicht übernehme ich das katholische Fastenmodell nach Ostern komplett? Sonntags ein Glas Wein, in der Woche Kaffee, Tee und Maracujasaft. Mit der katholisch bewährten Flexibilität, ließe sich der Sonntag vielleicht auch öfter mal früher anfangen…

Ich gestehe: Die katholische Versuchung ist enorm. Ich frage mich: Hat sich der Protestantismus in eine Fastenreligion verwandelt? Ohne Papst, ohne Ausnahmen, ohne Folklore? Ich zögere: Soll ich konvertieren?

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