Fleisch – ohne https://blogs.dw.com/ohne Fasten - drei DW-Reporter im Selbstversuch Tue, 29 Apr 2014 14:57:54 +0000 de-DE hourly 1 Astrid, Klaus, Stefan – Fastenbrechen!!! ;-) https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/29/astrid-klaus-stefan-fastenbrechen/ Tue, 29 Apr 2014 14:56:52 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=965 Liebes Publikum,

die Fastenzeit ist vorüber. Der Fasten-Blog hat seine Schuldigkeit getan. Das Experiment ist gelungen. Für alle, die sich gefragt haben, wie es uns, den drei „DW-Journalisten im Selbstversuch“ nach Ablauf der Fastenzeit gehen mag, für all jene veröffentlichen wir dieses Foto

 Fastenbrechen 2014-04-27_17.39.49

Es zeigt Astrid, Klaus und Stefan beim sonntäglichen Grillen im Garten von Wolfgang, unserem theologischen Spritus Rector. Astrid, die Auf-Alkohol-Verzichterin,  hat eine echt brasilianische Batida de Lemon gemixt. Stefan, der Ex-Raucher, hat sich in den Grill-Qualm gestellt. Und Klaus, unser Fleisch-Zucker-und-Koffein-auf-Zeit-Verächter hat Fleisch mitgebracht. Es wurde ein geselliger Abend mit anregenden Gesprächen, an dem jeder der Beteiligten  so seine ganz eigene Bilanz zog. Ein Fazit aber trifft auf alle zu: Das Fasten hat sich gelohnt!

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Klaus: Fastenerkenntnisse https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/20/klaus-fastenerkenntnisse/ Sun, 20 Apr 2014 22:06:27 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=889 KlausAls Kind konnte ich den Ostersonntag kaum erwarten. Das Eiersuchen hatte eine magische Anziehungskraft. Schließlich stellte es eine deutlich intellektuellere Herausforderung dar als das Geschenkeauspacken an Heiligabend. Für meine Eltern war es eher eine sportliche Herausforderung, schließlich mussten sie extra früh aufstehen, um die Ostereier rechtzeitig  zu verstecken, bevor ich – im wehenden Pyjama – im Garten stand.

Meine Herausforderung heute morgen war masochistischer Natur: Wie lange würde ich den Moment hinauszögern können, bis zum ersten Mal endlich wieder ein Cappuccino meine Lippen berührt, Zucker zwischen meinen Zähnen knirscht und ein Steak über meine Zunge spaziert?

Und noch eine Herausforderung hatte ich mir gestellt: Heute, da dieser Moment gekommen war, wollte ich Erkenntnisse aus meiner langen Fastenzeit ziehen. Weise Botschaften für alle, die nach mir auf die Idee kommen, auf Kaffee, Fleisch, Zucker oder andere Dinge 40 Tage lang zu verzichten.

Punkt acht Uhr morgens stand ich in der Küche,  zugegebenermaßen etwas unschlüssig: Jetzt schon Kaffee aufsetzen? Und ihn dann allein trinken? Nein. Schließlich hatten wir Gäste zum Osterfrühstück eingeladen. Um zehn Uhr. Fastenerkenntnis Nummer eins an diesem Morgen: Nicht nur fasten sondern auch das Fasten brechen sollte man in Gemeinschaft. Es ist etwas Besonderes, das man feiern sollte.

Also erst einmal den Keller auf den Kopf stellen, um den Karton mit den Osternestern zu finden. Gefunden hat sie meine Frau, als ich nach einer halben Stunde immer noch dort unten wütete. Warum hatte mir mein früheres Eiersuchtalent beim heutigen Nestersuchen nicht geholfen? Aus diesem Vorfall leitete ich Fastenerkenntnis Nummer zwei ab:  Man sollte sich auf vergangene Erfolge besser nichts einbilden. Dass man die Kraft hat zu verzichten, muss man sich jeden Tag aufs Neue beweisen.

Als unsere Gäste schließlich um zehn Uhr eintrafen, war es so weit: Mein erster Schluck Kaffee, mein erster Löffel Zucker, mein erstes Salami-Brötchen… umwerfend!!! Und mir schwante Fastenerkenntnis Nummer drei: Langer Verzicht steigert den Genuss. Die Fastenzeit ist eben das: ein 40 Tage langer Verzicht. Und wenn der Genuss-Kick noch größer sein soll, stellt man am Ostersonntag nicht den Wecker, um gleich kurz nach Mitternacht das Fasten zu brechen, sondern zögert den Moment hinaus. Sich von der Sonne wecken lassen, aufstehen, unschlüssig in der Küche herumstehen, eine halbe Stunde lang Osternester suchen – oder was einem sonst so in den Sinn kommt. Und erst dann, mit ruhiger Hand und wachem Geist, das genießen, worauf man so lange verzichtet hat.

Der zweite Kaffee übrigens – das hätte ich mir eigentlich denken können – schmeckte nicht mehr  umwerfend wie der erste. Er schmeckte „nur“ gut. Wie er mir vor der Fastenzeit auch geschmeckt hatte. Ich trank sogar noch einen dritten Kaffee, später am Tag. Und auch der schmeckte nicht umwerfend. Fastenerkenntnis Nummer vier: Genuss lässt sich nicht mit der Menge steigern. Erst wenn man erneut Verzicht geübt hat, kann man auch erneut genießen.

Schließlich fiel mir noch etwas auf: Ich hatte zwar meine Familie und auch unsere Freunde, die uns heute besuchten, wochenlang mit meinen Fastengeschichten die Ohren gefüllt. Aber als dann mein magischer Moment gekommen war, übten die gefärbten Ostereier auf alle weitaus mehr Magie aus als ich. Kurzum: Wenn ich nicht darauf hingewiesen hätte, dass ich mit diesem Schluck Cappuccino 40 Tage Fastenzeit beende, hätte es möglicherweise keiner gemerkt. Daher Fastenerkenntnis Nummer fünf: Nur wer selbst gefastet hat, kann beim Fastenbrechen wahrhaft tiefen Genuss empfinden.

In diesem Sinne: bis Aschermittwoch!

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Klaus: Pawlow lässt grüßen https://blogs.dw.com/ohne/2014/04/10/klaus-pawlow-laesst-gruessen/ Thu, 10 Apr 2014 15:37:01 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=747 KlausDie Schoko-Osterhasen bevölkern die Regale der Supermärkte, in den Kühltheken lauert der Lammbraten, und eifrige Hausfrauen räumen Eierpaletten in ihre Einkaufswagen. Untrügliche Zeichen, dass es ostert! Mir scheint, die schlimmsten Tage brechen für Faster wie mich erst jetzt an.

Es ist ein harter Endspurt in den letzten zehn Fastentagen. Licht am Ende des Tunnels, ferne Rauchzeichen, klar. Aber gleichzeitig spüre ich, dass das Teufelchen in meinem Hinterkopf immer öfter dazwischenfunkt: „Komm, einen Schluck Limo, ein Stückchen Schokolade, ein Löffelchen Honig in den Tee!“ Noch behält das Engelchen die Oberhand.

Es ist fast immer der Zucker, auf den mein Teufelchen schielt. Nicht der Kaffee. Nur ab und zu das Fleisch. Vor zwei Tagen war so ein Moment, als meine Frau einen neuen Grill besorgte. „Den können wir ja am Wochenende ausprobieren“, grinste sie mir entgegen. Mich erwarten Zucchini-Schiffchen? „Nein“, sagte sie, „ ich habe Fisch besorgt.“ Sie denkt an alles. Kinnlade wieder hoch.

Manchmal packen mich auch Spontanattacken, bei denen mir das Wasser im Munde zusammenläuft. Stefan ist es perfekt gelungen, mit seinem Blog aus Rom. R – O – M – schon diese uvular-bilabiale Phonemkombination kurbelt meinen Speichelfluss an und lässt Spaghetti Carbonara, Tiramisu und Espresso an meinem inneren Auge vorbeidefilieren. Pawlow lässt grüßen.

Stefan hat’s gut mit seinem Zigarettenverzicht. In Italien ist das Rauchverbot offenbar noch strenger als in Deutschland. Da muss man mit Geldstrafen von 200 Euro und mehr rechnen, wenn man beim unerlaubten Qualmen erwischt wird. Ist eine Schwangere oder ein Kind in der Nähe, muss man noch tiefer ins Portemonnaie greifen.

Auch im Vatikan gilt eigentlich ein strenges Rauchverbot an allen öffentlichen Orten. Nur bei der Papstwahl wird schon mal ein Auge zugedrückt. Als es um die Nachfolge von Benedikt XVI. ging, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi auf die Frage, ob denn die Raucher im Konklave leiden müssten: „Ich denke, die Kardinäle dürfen rauchen, wenn sie es für angemessen halten – so lange sie die Regeln der Höflichkeit beachten.“ Höflich muss man also sein. Oder zumindest Kardinal.

Noch eine schöne Anekdote: Als Johannes Paul II. gewählt wurde, soll ihn ein Kardinal gefragt haben, ob er zur Entspannung eine Zigarette rauchen dürfe. Der neue Papst meinte daraufhin lakonisch: „Eminenz, Sie dürfen rauchen, solange der Rauch weiß ist.“ Ob der Kardinal daraufhin die notwendigen Zutaten Kaliumchlorat, Lactose und Kolophonium in seinen Tabak gemischt hat, ist zwar nicht überliefert. Aber mir ist bei der Vorstellung dieses vatikanischen Cocktails wenigstens der Hunger auf Schoko-Osterhasen vergangen.

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Klaus: G-Wort, Streik, Schnaps https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/28/klaus-g-wort-streik-schnaps/ Fri, 28 Mar 2014 15:57:47 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=631 KlausDas G-Wort („gesund“) hat gute Chancen auf den Titel „Mein Unwort des Monats“. Einziger Konkurrent ist „Streik“.

Dass sich die Sesselwärmer in den Verkehrsbehörden dazu entschlossen haben, gleichzeitig mehrere Rheinbrücken zu renovieren, legt seit Wochen unsere ganze Region lahm. Kilometerlange Staus. Beste Gelegenheit für einen Streik der öffentlichen Verkehrsmittel, haben sich da die Gewerkschaftler gedacht. Einen Tag letzte Woche, zwei Tage diese Woche. Kurzum: Ich musste meinen Drahtesel aus dem Winterschlaf reißen, um mich täglich zur Arbeit und zurück geschätzte 25 und gefühlte 50 Kilometer abzustrampeln.

„Ist doch gesund“, bekam ich zu hören. „Und passt super zu deinem gesunden Fastentrip!“ Was soll, bitteschön, gesund daran sein, zu Arbeitsbeginn schwitzend und mit zittrigen Knien dazusitzen, ohne sich einen belebenden Kaffee mit zwei Löffeln Zucker reinpfeifen zu können – und dasselbe dann nach Feierabend? Woher diese Schnapsidee, auf alles, was in irgendeiner Form die Batterien wieder aufladen könnte, gleichzeitig verzichten zu wollen? Apropos Schnaps: Warum hab ich nicht einfach den Alkoholverzicht genommen, als wir die Fastenprogramme unter uns aufgeteilt haben?

„Schluss mit dem Trott“?! Seit ich gestern abend Punkt halb neun weggenickt und erst heute morgen wieder aufgewacht bin, wünsche ich mir meinen gezuckerten, fleischhaltigen, koffeingetränkten Alltagstrott zurück.

Ordentlich Energie tanken – hätte nie gedacht, dass das einmal ganz oben auf meiner Wunschliste stehen könnte. Nein, knapp drüber steht: einen Tag ohne „G-Wort“!

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Klaus: „Abstinentiam indic et labora!“ https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/25/klaus-abstinentiam-indic-et-labora/ Tue, 25 Mar 2014 13:53:53 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=573 KlausDas ist jetzt keine meiner berüchtigten biblischen Keulen, hätte aber durchaus das Zeug dazu: „Übe Abstinenz und arbeite!“ So viel zu Astrids letztem Blog-Eintrag „Genuss ohne Reue“. Während sie an ihrem fastenbefreiten Sonntag pürierte Limonen in hochprozentigem Cachaça ertränkte, hielt ich tapfer an meinem Zucker-, Koffein- und Fleischverzicht fest und versenkte nur Forsythien in nährstoffreichem Humus.

Sicher keine Sonntagsaktivität nach alttestamentarischem Vorbild – hätte mich eher im Liegestuhl fläzen sollen, wie es sich am siebten Tag der Schöpfung geziemt. Aber ich hinkte eben dem Zeitplan hinterher: Mein Schöpfungsprozess war nach sechs Tagen noch nicht abgeschlossen.

Klar ist Gartenarbeit ein Ablenkungsmanöver, um nicht in Versuchung zu geraten. Wenn auch ein ziemlich schlechtes: Danach stehe ich mit noch lauter knurrendem Magen vor dem Kühlschrank.

Aber jetzt Fastenpausen einlegen? Mögen sie auch theologischen Segen haben – ich widerstehe der Versuchung! Rezepte wie Poulardenbrust in Mokka-Honig-Soße spare ich mir für die Zeit nach Ostern auf.

Bis dahin lauern die Versuchungen an jeder Straßenecke – oder auch an der eigenen Haustüre, wie Wolfgang so eindrücklich beschreibt. Was wiegt mehr: das eigene Fastenversprechen oder die Gastfreundschaft? In deinem Fall, lieber Wolfgang: Darf man einen aus Herzlichkeit angebotenen Keks ablehnen? Und ist es einem guten Freund zuzumuten, mit seinem Weinglas ein Wasserglas zu beprosten?

Ich höre schon den Radikalfaster in mir rufen: „Na, klar!“ Aber eigentlich muss man doch unterscheiden, ob dem Fastenbruch pure Genusssucht zugrunde liegt oder nicht. Sprich: Dient Gastfreundschaft als Ausrede? Dagegen spricht schon die Tatsache, dass dir, Wolfang, gleich die Hexameter und Pentameter Dietrich Bonhoeffers in den Sinn kamen, die deine Gedanken mit der Wucht von Glockenschlägen durcheinander wirbelten. Und dich wieder auf den Weg zur Freiheit brachten.

Und mich bald wieder auf den Weg in den Garten. Denn mein Schöpfungsprozess ist auch heute noch nicht abgeschlossen. Nach Feierabend rasselt der Rasenmäher mit den Klingen. Der Liegestuhl muss warten.

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Klaus: Selbstkasteiendes Fastentheater? https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/21/klaus-selbstkasteiendes-fastentheater/ Fri, 21 Mar 2014 09:07:51 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=531 KlausWo will ich eigentlich hin? Ohne Kaffee, Fleisch und Zucker komme ich aus, das habe ich mir bewiesen. Ob zwei Wochen oder sieben, scheint fast schon egal. Körperliche Entzugserscheinungen habe ich überwunden, ergötze mich nun still schweigend meines tapferen Durchhaltevermögens. Aber auf Dauer gesehen bringt mir das vorösterliche Heldentum keinen Kick mehr – es nervt nur eben ab und zu.

Jetzt mal Butter bei die Fische*: Ab Ostern werde ich Kaffee, Fleisch und Zucker wieder auf meinen Speiseplan hieven. Definitiv! Wenn Stefan seinen Fastenverzicht auf blauen Dunst als Einstieg zum Ausstieg nutzt – Hut ab! Bei mir dürft ihr nach der Fastenzeit den Hut drauflassen. Ich werde mit voller Absicht zuschlagen: mein morgendliches Cappuccino-Ritual zelebrieren, den Duft brutzelnder Koteletts auf dem Grill einatmen, Crême brûlée auf der Zunge zergehen lassen. Mit „ćejf“!

Also alles nur selbstkasteiendes Fastentheater? Nein! Ich freue mich wie wahnsinnig auf diesen luxuriösen Moment, mir läuft das Wasser im Mund zusammen wie schon lange nicht mehr. Und genau darum geht’s: Ich will das Schlemmen wieder neu, bewusster genießen lernen.

Und es geht mir um darum, in meinem Alltag gezielte Genuss-Inseln zu kreieren. Und nicht ganz nebenbei einen Kaffee in den Schlund zu gießen, ein Schnitzel hinunterzuschlingen oder eine Tafel Schokolade zu vertilgen, als sei es selbstverständlich. Ich will all das wieder zu dem machen, was es ist: Luxus.

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*verstößt beides nicht gegen meine Fastenvorschriften!

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Klaus: Auf in die Wüste! https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/18/klaus-auf-in-die-wueste/ Tue, 18 Mar 2014 14:18:45 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=505 KlausWarum ging Jesus zum Fasten in die Wüste? Damit er nicht hilflos suchend zwischen Schokoladenregal, Mettbrötchenbüffet und Kaffeeautomat herumtigern musste wie ich heute. In der Cafeteria reduziert sich meine Auswahl seit Aschermittwoch auf Orangensaft, Naturjoghurt und Obst. Dass der Fastenverzicht auf Kaffee, Fleisch und Zucker bedeutet, sich so elend gesund zu ernähren, hätte ich mir eigentlich vorher denken können. Hab ich aber nicht.

Geb ja zu: Die sprühende Freundlichkeit, mit der mich Kollegen zum Cappuccino einladen wollen, geht mir immer noch wahnsinnig auf die Nerven. Wenn ich dann die Augenbrauen strafend schräg stelle und stechende Blicke zurückschieße, ernte ich empathievolle Kommentare wie „Oh, entschuldige, ich hab vergessen, dass du das nicht darfst“. Da läuft der Waldschrat in mir zu Höchstform auf: „Ich DARF, aber ich WILL nicht!“

Und nun auch noch Astrids Vorschlag, „pragmatisch“ zu fasten: „Verzicht in Maßen, mit einer persönlich-flexiblen Leidensgrenze“! Das klingt wie „ein bisschen schwanger“. Entweder ich verzichte ganz – oder gar nicht. Ich will ja meine Grenzen erfahren, will, dass das Fasten „wirkt“, dass ich mich meinen Schwächen stelle. Um sie dann hoffentlich zu überwinden.

Auch wenn ich wohl den Scherbenhaufen, den ich in diesen sieben Wochen im Umgang mit meinen Mitmenschen anrichte, nach Ostern mühsam wieder zusammenkehren muss. Jesus hatte es ja in der Wüste wenigstens mit dem Teufel zu tun, der ihn in Versuchung führte, bei dem musste er sich danach nicht entschuldigen.

Warum hat eigentlich noch kein Reisebüro „Sahara-Fasten mit Teufelserscheinung“ im Programm? Könnte ein Renner werden!

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Wolfgang: Finde das richtige Maß! https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/12/wolfgang-finde-das-richtige-mass/ Wed, 12 Mar 2014 15:38:47 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=367 Wolfgang Thielmann

Lieber Klaus Dahmann,

mit dem Vegetarismus machen Sie ein Fass auf. Wofür Jesus schon vereinnahmt wurde! Und mit welchen Argumenten! Vor Jahren las ich in einer Vegetarier-Zeitschrift zum Christfest, Jesus zeige als Weihnachtsmann den richtigen Weg – denn: „es roch so nach Äpfeln und Nüssen“. Der Autor verwechselte das Neue Testament mit einem Gedicht der „Gartenlaube“-Autorin Anna Ritter.

Jesus hat gefastet. Aber er hat auch oft gefeiert und musste sich von den Frommen seiner Zeit vorwerfen lassen, er sein ein Fresser und Säufer. Sein erstes Wunder bestand darin, dass er auf der Hochzeit in Kana Wasser in Wein verwandelte. Er lud sich bei dem anrüchigen Zöllner Zachäus ein und feierte ein Fest. Sind in einer Gesellschaft von Bauern und Hirten fleischlose Feste vorstellbar? Im Johannesevangelium erklärt Jesus den Kern seiner Botschaft so: „Mein Fleisch ist die wahre Speise und mein Blut ist der wahre Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt der bleibt in mir und ich in ihm.“ Kann ein Vegetarier seine Lehre so auf den Punkt bringen?

Aber im frühen Christentum wurde Vegetarismus ein Megathema. Für manche Theologen der ersten Jahrhunderte wie Markion und Hieronymus aß der wahre Christ Kohl und Körner. Nur Glaubensschwache brauchten Gebratenes. Innerhalb und außerhalb des Christentums diskutierten Philosophen, ob man Tiere essen darf, die eine Seele haben. Aber die Synode von Ankyra im Jahr 314, die erste nach einer langen Periode der Christenverfolgung,  entschied: Vegetarismus ist eine Irrlehre. Doch plädierten die Lehrer der frühen Christenheit für Mäßigung. Bischof Gregor von Nyssa, dem heutigen türkischen Nevşehir,  warnte Heranwachsende vor zu viel Alkohol. Aber Fleisch in Maßen verteidigte er. In seinem Buch „Die Erschaffung des Menschen“ meinte er, bei der Schöpfung habe Gott dem Menschen die Tiere zur Ernährung gegeben. Und man könne die Tierseele kaum Seele nennen, denn ihre sinnliche Wahrnehmung liege nah bei der der Pflanzen. Nahrung, sagte Gregor, soll den Menschen stark machen. Genuss im Übermaß schwäche ihn aber bloß und fordere ihren Preis.

Zum Fasten übrigens gehörten für ihn Wasser, Gemüse und ein „unblutiger Tisch“. Das Ziel des Fastens lag nach Gregors Ansicht in der geistigen Reinheit. Deshalb sollten Fastende, was sie an Nahrung sparten, den Armen zukommen lassen. (Und deshalb behandelte er das Fasten in einem Brief über die Liebe zu den Armen.)

Die Frage nach dem Vegetarismus und dem Maß führen mitten in die Ethik. Und zum Slogan der evangelischen Fastenaktion, „Selber denken!“. Er erinnert an eine protestantische Tradition: Der einzelne soll in der Auseinandersetzung mit der Bibel zu einem geschulten Gewissen und einer begründeten Entscheidung kommen. Die katholische Kirche legt sich auf eine Lehre fest und erwartet vom einzelnen, dass er sich einfügt. Weil viele Entscheidungen und Vorbilder vorgegeben sind, erweckt der Katholizismus einen geschlosseneren Eindruck. Im richtigen Leben unterscheiden sich beide gar nicht so sehr. Denn tatsächlich übernehmen auch Katholiken nur solche Entscheidungen, die sie für sich begründen können. Und tatsächlich haben auch Protestanten Vorbilder und Riten.

Wo liegt das richtige Maß? Wo liegt es in Zeiten der industriellen Tierproduktion? Gerade hat der hannoversche Bischof Ralf Meister gegen die Verbilligung des Fleischs bei großen Discountern protestiert, weil sie die Existenz von Landwirten bedroht.  Ich erinnerte mich dabei an die Tiere auf dem Bauernhof meiner Großeltern. Auch da wurde jedes Fest mit selbst Geschlachtetem gefeiert. Aber wer im Alltag seinen Zorn an den Kühen ausließ, dem redeten die Männer des Dorfs ins Gewissen. Und den Moment des Schlachtens erlebten nur der Metzger und seine Helfer. Schlachten war unvermeidlich, aber nichts zum Zuschauen. So viel Würde hatte auch das Tier. Die Achtung vor der Schöpfung gibt den Maßstab ab.

Bei meinem bevorstehenden Fest hat meine Frau darauf geachtet, dass das Fleisch von freilaufenden Tieren stammt. Aber da nicht die Feste das Problem sind, sondern der Alltag: Ein Freund und seine Familie kaufen ihre Lebensmittel beim Händler im Ort und grundsätzlich nicht im Supermarkt. In beiden Haushalten wird wenig Fleisch gegessen, aber wenn, dann gutes von Tieren, die artgerecht auf Weiden und Wiesen gehalten wurden. Ich finde es wichtig, dass wir Maßstäbe für unseren Konsum gewinnen und konsequent danach handeln, wie immer unsere Entscheidung ausfällt. Und Maßhalten im Alltag ist eine zeitlos gute Lebensregel. Allein schon, weil sie die Feste schöner macht.

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Klaus: War Jesus Vegetarier? https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/11/klaus-war-jesus-vegetarier/ Tue, 11 Mar 2014 09:31:11 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=357 KlausUnglaublich, wie viele Menschen sich doch für ihre Weltansichten Rückendeckung aus der Bibel suchen! Vegetarier zum Beispiel: „Jesus lehrte Vegetarismus“  , heißt es auf einer esoterisch anmutenden Website. Nein, „Jesus war kein Vegetarier“  , antwortet eine bibelkritische Seite aus der Schweiz. „Die Bibel ist gefälscht“ , empört sich „Gesundwerden-gesundbleiben“ und versucht gar neben Jesus auch die ersten Christen als Vegetarier zu vereinnahmen.

Weil Jesus‘ Worte in der offiziellen Bibel in dieser Hinsicht nicht wirklich viel hergeben, konzentrieren sich die Verfechter des fleischlosen Lebens auf apokryphe Texte, die ja nicht in den Bibel-Kanon aufgenommen wurden. Auch die nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten Qumran-Rollen werden gerne zitiert: „Denn wahrlich, ich sage Euch, der, der tötet, tötet sich selbst, und wer vom Fleisch erschlagener Tiere isst, isst vom Körper des Todes.“ Morbid, morbid… „Denn in seinem Blut wird jeder Tropfen ihres Blutes sich in Gift verwandeln, in seinem Atem ihr Atem zu Gestank, ihr Fleisch zu Beulen, in seinen Knochen ihre Knochen zu Kalk, in seinen Eingeweiden ihre Eingeweide zu Verfall, in seinen Ohren ihre Ohren zu wachsigem Belag. Und ihr Tod wird sein Tod werden.“ Das lässt jedes Tierschützerherz höher schlagen.

Aber mal ganz ehrlich: Angesichts der grauenhaften Bilder noch zuckender Tiere auf der Schlachtbank – braucht man da überhaupt biblischen Rückhalt, um sich vegetarisch zu ernähren? Ich nicht.

Die Bibel ist für mich eine Fundgrube von Leitlinien, um mein Leben zu gestalten. Und sie gibt mir Kraft durchzuhalten, auch wenn es Rückschläge gibt. Aber ich kann nicht erwarten, dass sie mir haarklein jedes Detail vorgibt. Oder gar als Rechtfertigung dient, anderen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben und womit sie bitte schön ihren Magen füllen sollen und womit nicht.

Vielleicht hat Jesus wirklich kein Fleisch gegessen. Auto gefahren ist er bestimmt auch nicht. Und Smartphones waren ihm wohl ebenso fremd wie Kondome. Ich finde nicht, dass man von Jesus hätte erwarten müssen, für alle kommenden Jahrtausende die „Dos and Don’ts“ festzulegen. Deshalb finde ich – bei aller katholischer Erziehung – das Motto der diesjährigen Fastenaktion der Evangelischen Kirche einfach super: „Selber denken!“

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Klaus: Und überall wedelt der Wurstzipfel… https://blogs.dw.com/ohne/2014/03/09/klaus-und-ueberall-wedelt-der-wurstzipfel/ Sun, 09 Mar 2014 20:15:16 +0000 http://blogs.dw.com/ohne/?p=311 KlausIch schaff’s. Sag ich mir jeden Tag. Und dann ist Sonntag. Und mir säuselt die Idee durchs Ohr, dass ja heute nach katholischer Lesart gar nicht gefastet werden muss. Oh nein! Wolfgang ist ja sehr nett, Astrid und mir diese Hintertür zu weisen, nebst theologisch wasserdichter Argumentation! Aber ich will durchhalten, ich halte durch, ich schaff’s. Mein Mantra der Woche.

Kein Fleisch, keinen Kaffee, keinen Zucker – den kalten Entzug habe ich hinter mir. Glaub ich. Nun sind es die täglichen, stündlichen, minütlichen kleinen Versuchungen, die mir zu schaffen machen.

Schon wenn ich das Frühstück vorbereite: Direkt über dem Wasserkocher steht das Kaffeepulver, daneben der Zucker, darunter die Marmelade. Vor meinem geistigen Auge streiche ich alles, was ich nicht esse, mit einem dicken roten Filzstift durch. Bald gleicht das Durchqueren der Küche einem Hürdenlauf über zahllose rote Balken.

Fleisch, Kaffee, Zucker – ich hab mir eine Kombination ausgesucht, die man nicht einfach durch innerliches Ringen wegbesiegen und dann schön verdrängen kann. Für mich wedeln die Wurstzipfel ubiquitär.

Am schlimmsten sind nach wie vor die wohlmeinenden Rücksichtnehmer. Damit meine ich jetzt nicht Wolfgang. Sondern beispielsweise meine Frau: Ob ich nicht koffeinfreien Kaffee trinken könnte, fragte sie mich heute. „Nein“, knurrte ich zurück. Womöglich stellt sich noch der Placebo-Effekt ein – und ich werde plötzlich wach und gut gelaunt?

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