van Melle – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Gipfelversuch auf der K 2-Südseite abgebrochen https://blogs.dw.com/abenteuersport/gipfelversuch-auf-der-k-2-sudseite-abgebrochen/ Sat, 06 Aug 2011 20:16:02 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2011/08/06/gipfelversuch-auf-der-k-2-sudseite-abgebrochen/ Wieder hat der K 2 einigen Bergsteigern seine kalte Schulter gezeigt. Der Österreicher Gerfried Göschl ließ über seine Homepage mitteilen, dass die Bergsteiger auf der Südseite des zweithöchsten Bergs der Erde gar nicht erst Richtung Gipfel aufgebrochen seien: „Bis 2.30 Uhr (pakistanischer Zeit) haben wir zugewartet, doch der Wind war zu stark, an ein Aufsteigen nicht zu denken!” Das Team stieg Richtung Basislager ab. Offenbar haben auch die anderen Bergsteiger auf der Südseite ihre Gipfelambitionen ad acta gelegt. Der Franzose Bruno Buchet schreibt: „Wir sind alle abgestiegen,“ Ähnlich äußert sich Sophie Denis in ihrem Expeditionstagebuch. „Ein Aufstieg wäre zu gefährlich gewesen“, so die Französin. „Es ist traurig, denn physisch und psychisch hätte der Gipfel im Rahmen unserer Möglichkeiten gelegen.“ Auch wenn Alix von Melle und Luis Stitzínger sich noch nicht gemeldet haben, dürfte davon auszugehen sein, dass auch die beiden Deutschen umgekehrt sind.


Die pakistanische Südseite des K 2

Auf der Nordseite geht es weiter

Auf der chinesischen Nordseite des K 2 haben Gerlinde Kaltenbrunner, Ralf Dujmovits und ihr Team den Aufstieg fortgesetzt. Ihr geplantes Tagesziel für Samstag, das Lager IV auf rund 8000 Metern, haben sie nicht ganz erreicht. Nach Angaben des Kasachen Maxut Zhumayev schlugen sie ihre Zelte 100 bis 200 Meter tiefer auf. Zhumayev hat ebenso wie sein Landsmann Vassiliy Pivtsov und Gerlinde bereits 13 Achttausender bestiegen, allesamt ohne dabei Flaschen-Sauerstoff zu benutzen. Lediglich der K 2 fehlt dem Trio noch in der Sammlung. So schnell werden sie sicher nicht aufgeben.

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Kleiner Mann ganz groß https://blogs.dw.com/abenteuersport/kleiner-mann-ganz-gros/ Fri, 22 Oct 2010 07:53:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/10/22/kleiner-mann-ganz-gros/ Napoleon tritt aus einem Plumpsklo – darunter der Spruch: „Auch kleine Leute können Großes vollbringen.“ Diese Karikatur gehörte früher zu meinen liebsten. Schließlich messe auch ich nur 1,72 Meter und damit schlappe sechs Zentimeter mehr als einst Bonaparte. Auf dessen Totenschein war angeblich als Körpergröße 1,66 Meter vermerkt.


Luis Stitzinger, Höhenbergsteiger und Extremskifahrer

Sehr häufig muss ich also, anatomisch gesehen, zu anderen aufblicken. Nicht so bei Luis Stitzinger, den ich vor einigen Tagen auf der „Globewelt“ in Köln traf. Der Bergsteiger aus Höhenkirchen bei München ist sogar kleiner als ich gewachsen. In den Bergen aber hat der 41-Jährige – im Gegensatz zu mir – schon Großes vollbracht: Mit dem Cho Oyu (im Jahr 2000), dem Gasherbrum II (2006), dem Nanga Parbat (2008) und dem Dhaulagiri (2009) hat Luis vier Achttausender bestiegen, allesamt ohne Atemmaske. Zweimal gelangen ihm dabei spektakuläre Skiabfahrten (Gasherbrum II vom Gipfel aus, Nanga Parbat über die zentrale Diamirflanke).

Adrenalin, Konzentration, Ungeduld

„Ich erlebe mich dabei sehr intensiv“, sagt Luis. „Weil es mit Gefahr verbunden ist, bin ich ordentlich adrenalingeladen und sehr konzentriert auf das, was ich tue.“ Am Berg überrasche er sich manchmal selbst: „Ich bin eigentlich jemand, der sehr besonnen und wenig hitzköpfig ist. Aber in diesen Situationen kann ich auch sehr ungeduldig sein. Dann möchte ich die Sache beschleunigen.“ Kein Wunder, dass Stitzinger auch mit Speed-Begehungen für Schlagzeilen sorgte, etwa 2006 am Gasherbrum II.


Alix (r.) und Luis am Gipfel des Dhaulagiri

Geteilte Passion, geteilte Angst

Seit zwölf Jahren steigt Luis – nicht immer, aber meist – gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Alix von Melle auf die Berge. Alix stand am 2. Oktober (ohne Luis) auf dem Gipfel des Cho Oyu und ist jetzt mit vier bestiegenen Achttausendern die erfolgreichste deutsche Höhenbergsteigerin. „Einerseits ist es sehr schön, wenn man in einer Partnerschaft gemeinsam seine Passion, das Bergsteigen, teilen kann“, sagt Luis. „Andererseits hat man in gefährlichen Situationen natürlich auch Angst um den Partner und wird dadurch ein Stück weit abgelenkt.“
Doch Luis möchte die gemeinsamen Bergabenteuer mit Alix nicht missen. Beide sorgten gegenseitig dafür, dass sie sich nicht übernähmen, erzählt Luis: „In der Höhe denkt man nicht mehr so klar. Dann sieht der andere einen unter Umständen viel objektiver und weiß früher: Bei dir ist jetzt eigentlich Schluss. Wenn der Partner das sagt, akzeptiert man das. Das erweitert den eigenen Horizont.“

Ihr zuliebe, aus Sorge um ihn

Bei ihrem letzten gemeinsamen Achttausender-Projekt, in diesem Frühjahr am Makalu, erreichten weder Luis noch Alix den höchsten Punkt. Am geplanten Gipfeltag kehrte zunächst Luis um, weil er seine Zehen nicht mehr spürte. „Ich hätte eigentlich schon zwei Stunden vorher sagen können: Es ist heute einfach zu kalt, nicht mein Tag. Aber ich bin weitergegangen, weil ich es versuchen, also \’beißen\‘ wollte – und auch Alix zuliebe, um sie zu begleiten.“ Irgendwann siegte die Vernunft. Luis stieg ab, überredete aber seine Partnerin weiterzusteigen. „Sie war stark drauf an diesem Tag. Ich wusste, sie kann es schaffen.“ Doch die 39-Jährige kehrte auf gut 8000 Metern ebenfalls um – auch, sagt Luis, aus „Sorge um mich“.


Die Kamelbuckel des Broad Peak

Nächste Ausfahrt Broad Peak

Luis verdient sein Geld als Produktmanager, Alix als PR-Agentin. Man könne sie beide durchaus als Halbprofis bezeichnen, sagt Luis. Der Druck von außen sei aber begrenzt, „weil uns die Sponsoren und Partner nicht nötigen, jedes Jahr sehr erfolgreich sein zu müssen“. 2011 will Luis mit Alix wieder gemeinsam auf Expedition gehen: zum Achttausender Broad Peak in Pakistan, um dort Großes zu vollbringen.

Interview mit Höhenbergsteiger Luis Stitzinger

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Paarweise https://blogs.dw.com/abenteuersport/paarweise/ Fri, 21 May 2010 08:37:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/05/21/paarweise/ Vor ein paar Tagen auf der Heimfahrt vernahm ich im Radio eine mir vertraute Stimme. Reinhold Messner gab eines seiner – geschätzt – fünf Interviews pro Tag. Ich amüsierte mich über die (wie so oft vergeblichen) Versuche der Moderatorin, den Redefluss der lebenden Bergsteigerlegende zu unterbrechen. Aus eigener Erfahrung weiß ich wie schwer das ist. Dann horchte ich auf. Reinhold war kurz angebunden. Die Frage: Ob er jemals seine Partnerin auf einen schwierigen Berg mitgenommen habe? „Nein, nur bis ins Basislager. Bei meiner Frau, mit der ich seit mehr als 20 Jahren zusammenlebe, waren die Rollen klar verteilt. Sie kümmerte sich um die Erziehung der Kinder.“ Und Messner schob noch nach, dass er es toll finde, dass Gerlinde Kaltenbrunner gemeinsam mit ihrem Ehemann Ralf Dujmovits am Mount Everest eine schwierige Route versuche. „Ich hatte nie eine solche Partnerin.“ Fast klang der 65-Jährige ein bisschen neidisch.


Gerlinde und Ralf

Nicht immer eitel Sonnenschein

Da hatte Reinhold offenbar noch nicht meinen Blog gelesen. Denn sonst hätte er bereits gewusst, dass die beiden ihren Plan inzwischen aufgegeben hatten, die Nordwand zu durchsteigen – nach heftigen Diskussionen, die für beide sicher nicht einfach waren. „Wir wissen mittlerweile, wie wir in schwierigen, gefährlichen Situationen reagieren“, sagte mir Gerlinde noch vor ihrer Abreise nach Tibet. „Es ist so, dass wir voreinander den Respekt bewahren. Und uns trotzdem energisch ansprechen können, ohne dass der andere das persönlich nimmt.“ Auch Ralf wollte gar nicht leugnen, dass so ein Leben im Extremen nicht immer nur eitel Sonnenschein bedeutet. „ Es gehört sehr viel Vertrauen dazu, auf so engem Raum unterwegs zu sein, die zum Teil auch sehr harten Momente auszuhalten. In aller Regel haben wir konträre Ansichten bis zum Basislager, wo wir auch schon mal heftiger diskutieren. Wenn wir dann gemeinsam als Team in der Wand unterwegs sind, funktionieren wir doch perfekt. Da kommen heftigere Auseinandersetzungen seltener vor.“

Bett und Kletterseil teilen

Die Beiden sind nicht das einzige Bergsteiger-Paar im Himalaya. Alix von Melle und Luis Stitzinger aus München versuchen sich am Makalu. Der 8485 Meter hohe Berg in Nepal wäre nach dem Gasherbrum II (2006), dem Nanga Parbat (2008) und dem Dhaulagiri (2009) der vierte Achttausender, den die beiden gemeinsam besteigen. Seit zwölf Jahren teilen sie „nicht nur Esstisch, Bett und Kletterseil, sondern auch unsere große Leidenschaft, das Höhenbergsteigen“, wie Alix schreibt. „Wir kennen uns sehr gut und haben großes Vertrauen ineinander“, sagt die 38 Jahre alte gebürtige Hamburgerin, die seit über 17 Jahren in München lebt. Ihr 41 Jahre alter Lebenspartner Luis hat sich als Speedbergsteiger und mit seinen spektakulären Skiabfahrten, etwa über die Diamir-Flanke des Nanga Parbat, einen Namen gemacht.


Luis und Alix

Letzte Konsequenz nicht vorstellbar

Extrembergsteiger führen ein gefährliches Leben. Wie schaffen die Paare den Spagat zwischen Risiko und Sorge um den Partner? „Man versucht, gefährliche Situationen möglichst von vornherein zu vermeiden“, sagt Alix. Und wenn es doch zum Äußersten kommt? Ralf und Gerlinde haben miteinander darüber gesprochen. „Es wird dann schon spannend, wenn man an diesen Punkt kommt: Was wäre, wenn es dem Partner so schlecht ginge, dass man eine Entscheidung treffen müsste, den anderen zurückzulassen?“ sagt Ralf. „Eine hundertprozentige Lösung finden wir dann doch keine, weil man sich diese Situation gar nicht vorstellen kann. In der Realität wäre sie noch einmal anders. Insofern werden wir die letzte Konsequenz nicht zu Ende denken können.“ Die Gesellschaft seiner Frau am Berg möchte der 48-Jährige dennoch nicht missen. „Mit Gerlinde, die ich über alles liebe, unterwegs zu sein und gemeinsam ausgeheckte Ziele zu erreichen, hat eine Qualität, die ich zuvor an den Bergen nie erfahren habe.“

Traute Gipfel-Zweisamkeit?

Das Ehepaar aus Bühl im Schwarzwald ist inzwischen vom Basislager auf dem zentralen Rongbukgletscher aus zum Nordsattel aufgestiegen, um in den nächsten Tagen – ohne Atemmaske – auf dem tibetischen Normalweg den höchsten Punkt des Mount Everest auf 8850 Metern zu erreichen. Die Mitglieder zahlreicher Expeditionen haben sich auf der Nord- und der Südseite des Bergs auf den Weg gemacht, um die vorhergesagte Schönwetterperiode zwischen dem 22. und 24. Mai auszunutzen. Traute Gipfel-Zweisamkeit dürfte für Gerlinde und Ralf also kaum möglich sein. In diesem Punkt stehen die Chancen für Alix und Luis am Makalu deutlich besser. Aber erst einmal müssen sie hinaufkommen. Ich drücke beiden Paaren die Daumen.

P.S. Das Daumendrücken gab es übrigens schon bei den alten Römern. Mit dem zwischen den anderen Fingern eingeschlossenen Daumen plädierten die Zuschauer der Gladiatorenspiele für Gnade. Der uns aus den Monumentalfilmen bekannte nach oben gereckte Daumen ist eine Erfindung Hollywoods. In späteren Zeiten sollte die Geste auch Dämonen vertreiben. „Wenn er (der Alp) drücket und man kann den Daumen in die Hand bringen, so muss er weichen“, heißt es bei den Gebrüdern Grimm.

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