Ramsden – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Ein Hoch auf die Nicht-Achttausender! https://blogs.dw.com/abenteuersport/ein-hoch-auf-die-nicht-achttausender/ Sun, 06 Nov 2016 09:00:34 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=34185 Satellitenaufnahme des Kangchendzönga

Satellitenbild des Kangchendzönga

Egal ob man es verflucht, über den Klee lobt oder es einfach nur ganz pragmatisch nutzt, niemand wird bestreiten: Das Internet hat unser Leben verändert hat und ist kaum noch daraus wegzudenken. Das gilt auch für das Leben von Bergabenteurern. Fast schon vergessen sind die Urzeiten des Himalaya-Bergsteigens, als noch Expeditionen losgeschickt wurden, die lediglich den Zweck hatten, alpinistische Ziele zu erkunden. Viele der besten Kletterer der Gegenwart bereiten ihre Projekte am Bildschirm vor – und machen daraus auch keinen Hehl. „Ich habe ein bisschen auf Google Earth geschaut und diesen Berg mehr oder weniger gefunden“, erzählte mir kürzlich der österreichische Topbergsteiger Hansjörg Auer, bevor er zum knapp 7000 Meter hohen Gimigela Chuli East in Nepal aufbrach. Auer versucht sich mit seinem Landsmann Alex Blümel an der Nordwand des Bergs, der im Gebiet des Achttausenders Kangchendzönga liegt: „Ohne Bild geht es nicht. Dann schaue ich mir an: Wie sieht der Zustieg aus? Ist es mega-gefährlich oder vertretbar? Wie sieht es im Basislager aus?“ Auer ist noch nicht zurückgekehrt, doch schon jetzt zeigt die Herbstsaison im Himalaya einmal mehr: Die alpinistischen Glanzlichter werden derzeit eher an unbekannten Fünf-, Sechs- oder Siebentausendern gesetzt als an den Achttausendern.

Kandidaten für den nächsten Piolet d‘Or

Russische Direttissima am Thalay Sagar

Russische Direttissima am Thalay Sagar

So gelang den Russen Sergey Nilov, Dmitry Grigoriev und Dmitry Golovchenko in der Nordwand des 6904 Meter hohen Thalay Sagar im indischen Himalaya eine neue Route, die die Bezeichnung „Direttissima“ wirklich verdient. Nicht ganz so geradlinig, darum aber nicht weniger spektakulär war die Erstbegehung, die – wie berichtet – den Briten Paul Ramsden und Nick Bullock in der Nordwand des Nyainqentangla South East (7046 Meter) in Tibet glückte. Auch die britischen Altmeister Mick Fowler (60 Jahre alt) und Victor Saunders (66 Jahre alt) demonstrierten, dass sie noch nichts verlernt haben: Ihre Erstbegehung des Nordpfeilers am 6100 Meter hohen Sersank in Nordindien dürfte wie die vorher genannten Erfolge auf der nächsten Auswahlliste für den Piolet d’Or, den „Oscar der Bergsteiger“, erscheinen. Das gilt auch für die Pioniertat der Deutschen Ines Papert und des Slowenen Luka Lindic, die – wie berichtet – eine oft versuchte Linie durch die schwierige Südostwand des 5842 Meter hohen Kyzyl Asker im Tian-Shan-Gebirge vollendeten.

Mehr Ziele, dickere Luft und Einsamkeit

Mick Fowler am Nordpfeiler des Sersank

Mick Fowler am Nordpfeiler des Sersank

Selbstverständlich gibt es auch an den Achttausendern noch ungelöste Probleme – etwa am Makalu der direkte Durchstieg durch die Westwand zum Gipfel oder am Mount Everest die Route über den „Fantasie-Grat“ („Phantasy Ridge“) auf der äußerst selten versuchten Ostseite des Bergs, der Kangchung-Wand. Doch die nicht ganz so hohen Berge haben einige unleugbare Vorteile: Dort locken noch deutlich mehr jungfräuliche Wände und Grate. Außerdem brauchen die Kletterer weniger Zeit, um sich zu akklimatisieren. Damit fallen auch die Expeditionen kürzer aus. In der im Vergleich zu den Achttausendern dickeren Luft lässt es sich zudem extremer klettern. Und, last but not least, können die Bergsteiger an diesen häufig versteckt liegenden Bergen auch noch Einsamkeit erleben und sich damit leichter wie echte Abenteurer fühlen. Ein vorheriger Blick in die digitale Bergwelt lohnt sich also.

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Fowler/Ramsden: Diesmal getrennt erfolgreich https://blogs.dw.com/abenteuersport/fowlerramsden-diesmal-getrennt-erfolgreich/ Wed, 12 Oct 2016 12:59:06 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=33893 Piolet-d'Or-Gewinner Mick Fowler (r.) und Paul Ramsden

Piolet-d’Or-Gewinner Mick Fowler (r.) und Paul Ramsden

Die Nimmermüden haben es wieder getan. Die Briten Mick Fowler und Paul Ramsden haben erneut alpinistische Glanzlichter gesetzt, zur Abwechslung jedoch einmal getrennt, mit anderen Kletterpartnern. Fowler, inzwischen 60 Jahre (!) alt, gelang nach eigenen Angaben zusammen mit seinem Landsmann Victor Saunders die Erstbegehung des Nordpfeilers am 6100 Meter hohen Sersank im nordindischen Himalaya. Paul Ramsden durchstieg mit Nick Bullock erstmals die Nordwand des 7046 Meter hohen Nyainqentangla South East in Tibet. Im vergangenen April hatten Fowler und Ramsden für ihre Erstbesteigung des 6571 Meter hohen Gave Ding, eines abgelegenen Bergs im Nordwesten Nepals, den Piolet d’Or gewonnen, den „Oscar der Bergsteiger“. Es war bereits der dritte für das erfolgreiche britische Zweier-Team.

Saunders (l.) und Fowler 1987 auf dem Gipfel des Spantik

Saunders (l.) und Fowler 1987 auf dem Gipfel des Spantik

Nach 29 Jahren wieder vereint

„Der Sersank ist abgehakt”, meldete jetzt Fowler aus der nordindischen Stadt Manali im Bundesstaat Himachal Pradesh. „Fünf Tage, um den Nordpfeiler zu klettern und ein Acht-Tage-Rundtrip vom Basislager aus. Absolut brilliant.“ Fowler und Saunders waren vor 29 Jahren zuletzt gemeinsam geklettert. 1987 war ihnen die Erstbegehung des so genannten „Golden Pillar“ (der im Sonnenlicht wirklich golden wirkt), des Nordwest-Pfeilers am 7027 Meter hohen Spantik in Pakistan gelungen. Danach hatten sich ihre Wege getrennt. Saunders hatte später als Bergführer unter anderem sechsmal den Mount Everest bestiegen. Über ein Buchprojekt hatten Mick und Vic wieder zusammengefunden und beschlossen, erneut gemeinsam loszuziehen.

Monster-Matterhorn

Gipfelselfie von Ramsden und Bullock (r.)

Gipfelselfie von Ramsden und Bullock (r.)

Ramsden (geboren 1969) und der 50-jährige Bullock benötigten fünf Tage, um die Nordwand des Nyainqentangla South East zu durchklettern. „Es ist fast unmöglich, diese Wand ohne Superlative zu beschreiben“, berichtet Nick auf seiner Internetseite. „Sie war ein Traum, sie hatte Wasserrinnen, Eis, Schneefelder, scharfe Grate – in der Art eines krummen Riesen-Monster-Matterhorns. Eine 1600-Meter-Wand, die uns das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.“ Am fünften Tag nach Verlassen des Basislagers erreichten Paul und Nick den Gipfel, anderthalb weitere Tage benötigten sie für den Abstieg über den Ostgrat. Die Erstbesteigung des Nyainqentangla South East war 2001 den Österreichern Stefan und Erich Gatt über die Südseite des Bergs gelungen.

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Ein Berg, zwei Routen und ein wenig Ärger https://blogs.dw.com/abenteuersport/neue-routen-hagshu-prezelj-fowler/ Wed, 29 Oct 2014 14:09:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=27623 Neue Routen auf den Hagshu: links die der Briten, rechts die der Slowenen

Neue Routen auf den Hagshu: links die der Briten, rechts die der Slowenen

Das kommt nicht allzu häufig vor. Innerhalb weniger Tage eröffneten Topkletterer aus Slowenien und Großbritannien zwei anspruchsvolle neue Routen an einem formschönen Sechstausender im indischen Himalaya.  Der 6515 Meter hohe Hagshu liegt im Distrikt Kishtwar in der Krisenregion Kaschmir. Die Slowenen Marko Prezelj, Luka Lindic und Ales Cesen erreichten am 30. September den Gipfel, nachdem sie als Erste die Nordwand durchstiegen hatten. Die Briten Mick Fowler und Paul Ramsden eröffneten eine neue Route durch die vorher ebenfalls noch nicht gekletterte Nordostwand und standen am 6. Oktober auf dem höchsten Punkt.

Schwarzer Peter beim IMF

Ales Cesen in der Nordwand

Ales Cesen in der Nordwand

Eigentlich hatten sich Fowler und Ramsden ebenfalls die Nordwand vorgenommen und dafür auch eine Genehmigung des indischen Bergsteiger-Verbands IMF.  Doch der hatte auch den Slowenen grünes Licht gegeben, ohne dass die beiden Expeditionen von den Plänen des jeweils anderen wussten. Als Fowler und Ramsden am Hagshu eintrafen, waren Prezelj, Lindic und Cesen bereits akklimatisiert und auf der Nordwand-Route zugange. Die beiden Briten wichen auf die Nordostwand aus. Nach ihrer Rückkehr vom Gipfel besuchten sie die slowenischen Bergsteiger in deren vorgeschobenem Basislager. „Sie waren sichtlich enttäuscht und verärgert, dass wir vor ihnen „ihre“ Route erklommen hatten“, schreibt Prezelj in seinem Expeditionsbericht. Man sei sich aber einig gewesen, dass die Schuld beim IMF liege, wo offenbar eine Hand nicht wisse, was die andere tue. Die Wut der Briten scheint inzwischen weitgehend verraucht zu sein. „Unsere Durchsteigung der Nordostwand erwies sich als erfreulich denkwürdig, und sorgte in Verbindung mit der Überschreitung des Bergs für einen netten Sechs-Tages-Ausflug“, ließ Fowler wissen.

Vier Besteigungen auf vier Routen

Auf dem Gipfelgrat des Hagshu

Auf dem Gipfelgrat des Hagshu

Der Hagshu wurde 1989 von den Polen Pawel Jozefowicz and Dariusz Zaluski erstmals bestiegen – allerdings ohne Genehmigung. Die erste „legale“ Besteigung gelang eine Woche später einem britischen Team um Robin Beadle. Später wurde die Bergregion wegen des Konflikts mit Pakistan um Kaschmir für ausländische Bergsteiger gesperrt. 2010 gab die indische Regierung mehr als hundert Gipfel im Bundesland Jammu und Kaschmir wieder zur Besteigung frei, darunter auch den Hagshu. „Wenige Berge haben eine so kuriose Besteigungsgeschichte”, findet Mick Fowler. „Bis jetzt gab es nur vier Gipfelerfolge, zwei innerhalb weniger Tage 1989 und auch zwei innerhalb weniger Tage 25 Jahre später. Und alle auf verschiedenen Routen.“

Fowler und Ramsden sind seit vielen Jahren ein eingespieltes Bergteam. 2003 und 2013 wurden die beiden Briten mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet, dem „Oscar“ der Bergsteiger.  Den erhielt 1992 auch der Slowene Marko Prezelj. Mal sehen, ob die Jury bei der nächsten Piolet d’Or-Auflage eine der Erstbegehungen am Hagshu für preiswürdig hält. Oder sogar beide?

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Shivas Bug https://blogs.dw.com/abenteuersport/shivas-bug/ Mon, 19 Nov 2012 15:00:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=18135

Mick auf „Shivas Bug“

Mick mag keine Achttausender. Erstens herrscht ihm an diesen Prestigebergen zu viel Rummel. Und zweitens dauert eine solche Expedition einfach zu lange. Maximal vier Wochen gönnt sich Mick Fowler pro Jahr, um an den Bergen der Welt zu klettern. Schließlich verdient der Brite sein Geld als Steuerbeamter und hat nicht endlos Urlaub. Jetzt haben Mick und sein Kletterpartner Paul Ramsden in Indien eine neue anspruchsvolle Route eröffnet: Am 6142 Meter hohen Shiva im Bundesstaat Himachal Pradesh meisterten sie als Erste den Nordostgrat. „Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, wie ihr das anstellen wollt“, hatte ihnen der russische Bergsteiger Andrej Muryshev mit auf den Weg gegeben, der vorher an dem Grat gescheitert war. Der Berg war 1988 von einer japanischen Frauenexpedition über eine leichtere Route von Süden her erstbestiegen worden. Zu dem Team hatte auch Junko Tabei gehört, die erste Frau auf dem Mount Everest.

Durchbeißen statt umkehren

Shiva (erinnert ans Matterhorn, oder?)

Mick und Paul brauchten neun Tage bis zum Gipfel und zurück. Anschließend bewerteten sie ihre neue Route „Prow of Shiva“ (Shivas Bug) mit ED +, was für „extrêmement difficile“, also extrem schwer plus ein bisschen steht. „Die Kletterei war ziemlich anspruchsvoll und der Ausgang offen, bis endlich die letzte überhängende Wand hinter uns lag“, berichtet Mick. Der 56 Jahre alte Engländer und sein Landsmann Paul Ramsden sind ein eingespieltes Team. „Wir haben beide eine Familie und einen Vollzeitjob. So sehr wir das Klettern auch lieben, es ist nicht das Einzige in unserem Leben“, beschreibt Mick die Gemeinsamkeiten. Auch als Bergsteiger ticken sie laut Fowler gleich: „Wir sind uns einig, dass auf einer schweren Route eben auch grimmige Bedingungen herrschen können und dass wir uns durchbeißen sollten – es sei denn, es gibt einen sehr triftigen Grund umzukehren.“ Auf das Konto der beiden gehen bereits einige spektakuläre Erstbegehungen. 2002 etwa durchstiegen Mick und Paul erstmals die Nordwand des 6250 Meter hohen Siguniang im Westen Chinas. Dafür erhielten sie den Piolet d’Or, den Oscar der Bergsteiger. 

Erste Bahnhofs-Winterbesteigung 

Mick (r.) und Paul auf dem Gipfel

Immer wieder sucht Mick nach Bergen wie dem Siguniang oder Shiva, 6000 bis 7000 Meter hoch. „Mein ideales Ziel ist eine technisch anspruchsvolle, sichere, auffällige Linie, die direkt zum Gipfel eines markanten Bergs führt. Der sollte in einem kulturell interessanten Gebiet liegen, das ich vorher noch nie besucht habe. Und am besten auch kein anderer Bergsteiger.“ Mit Einschränkungen galt das auch für Fowlers kuriose „ erste Winterbesteigung“ des Londoner Bahnhofs St Pancras, mit der es Mick vor einem Vierteljahrhundert sogar auf die Titelseite des „Daily Telegraph“ schaffte. Unter einem undichten Abflussrohr einer Bahnhofstoilette hatte sich ein 20 Meter hoher Eisfall gebildet. Als Sicherungspunkt am Boden musste eine Parkuhr herhalten. Mick und zwei Freunde kletterten den stinkenden Eisfall hinauf. „Oben war es schon ein bisschen unangenehm“, erinnert sich Mick. „Aber wir zogen es durch.“

P.S. Eine weitere spektakuläre Erstbegehung gelang in diesem Herbst den jungen Slowenen Nejc Marcic und Luka Strazar. Sie durchstiegen erstmals die Westwand des 7090 Meter hohen Janak Chuli, der in unmittelbarer Nachbarschaft des Achttausenders Kangchendzönga liegt. Die Slowenen waren in diesem Jahr für ihre Erstbegehung der K 7-Westwand im Karakorum mit dem Piolet d’Or ausgezeichnet worden.

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