Mordanschlag – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 „Bergidylle“ der speziellen Art https://blogs.dw.com/abenteuersport/nanga-parbat-manaslu-update/ Fri, 27 Feb 2015 15:24:19 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=28565 Iranische Bergsteiger und ihre Beschützer

Iranische Bergsteiger und ihre Beschützer

Schwerbewaffnete Polizisten im Basislager – ganz ehrlich, mir würde das die Freude am Bergsteigen gründlich vermiesen. Demnächst sollen diese Spezialtrupps in Pakistan nicht nur die Ausnahme sein, sondern zur Regel werden, zumindest an Prestigebergen wie dem Nanga Parbat (8125 Meter), dem K 2 (8611 Meter) oder dem Rakaposhi (7788 Meter) und auch in vielbesuchten Lagern auf den Gletschern im Norden des Landes. In der Region Gilgit-Baltistan wurde in dieser Woche eine Spezialeinheit der Polizei für große Höhen vorgestellt. Sie ist zunächst 50 Mann stark und soll später auf 100 Polizisten aufgestockt werden. Die Sicherheitskräfte erhalten Spezialkleidung gegen die große Kälte und werden von Bergsteigern trainiert, damit sie im Notfall auch bei Rettungsaktionen helfen können.  In erster Linie aber werden sie zum Schutz der Bergsteiger abgestellt. „Wegen der andauernden Militäroffensive im Land gibt es ein hohes Risiko von Vergeltungsangriffen. Wir können es uns nicht leisten, dass sich ein Zwischenfall wie der am Nanga Parbat wiederholt“, sagte Polizeisprecher Mubarak Jan. Im Juni 2013 hatten islamistische Terroristen im Basislager auf der Diamir-Seite, der Nordwest-Seite des Bergs, elf Bergsteiger erschossen. Einem der später verhafteten mutmaßlichen Attentäter gelang es heute, aus einem Gefängnis in Gilgit auszubrechen. Ein weiterer wurde bei seinem Ausbruchsversuch getötet.

Automatische Waffen statt Kalaschnikows

Einige Profibergsteiger wie der Russe Denis Urubko  oder die deutschen Brüder Alexander und Thomas Huber hatten sich 2014 wegen großer Sicherheitsbedenken gegen Expeditionen nach Pakistan entschieden. Im Sommer 2014 schlug keine einzige Expedition ihre Zelte am Nanga Parbat auf. Im letzten und auch in diesem Winter jedoch reisten Bergsteiger in das unsichere Gebiet nahe der Grenze zu Afghanistan. Das Anschlagsrisiko wird in der kalten Jahreszeit als geringer eingestuft. Zudem lockt der Nanga Parbat, weil er neben dem K 2 der einzige Achttausender ist, der noch nie im Winter bestiegen wurde. Schon im Winter 2014 erhielten westliche Bergsteiger eine Polizeieskorte bis ins Basislager. Die Polizisten waren damals noch mit Kalaschnikows bewaffnet. Die Sicherheitskräfte, die derzeit im Basislager auf der Diamir-Seite die noch sieben Bergsteiger aus Spanien, Italien, Iran und Pakistan schützen sollen, tragen automatische Waffen. Auch wenn die Iraner ihre Polizei-Begleiter als „herzlich und freundlich“ beschreiben,  kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Bergsteiger nicht doch zuweilen mit einem mulmigen Gefühl in ihren Zelten aufwachen.

Gemeinsamer Gipfelversuch

Geplante Aufstiegsroute

Geplante Aufstiegsroute

Wahrscheinlich fühlen sie sich erst dann wirklich sicher, wenn sie – wie jetzt – am Berg unterwegs sind: Der Baske Alex Txikon, der Italiener Daniele Nardi, die Iraner Mahmood Hashemi, Reza Bahadorani und Iraj Maani sowie die beiden Pakistaner Muhammad Ali und Muhammad Khan brachen heute zu einem Gipfelversuch auf. Sie erreichten Lager 1 auf 5050 Metern. „Es sieht aus, als ob Dienstag oder Mittwoch die besten möglichen Gipfeltage wären“, heißt es im Blog von Alex Txikon. Bis auf eine Höhe von 6700 Metern haben die Bergsteiger Materialdepots angelegt. Die werden sie nach den heftigen Schneefällen der vergangenen Tage wohl erst einmal freischaufeln müssen. Das Lawinenrisiko dürfte beträchtlich sein.

Ungeduld zügeln

Am "Naike-Sattel" auf 5700 Metern

Am „Naike-Sattel“ auf 5700 Metern

Ganz ohne Polizeischutz haben sich Tamara Lunger und Simone Moro derweil in ihrem Basislager am Manaslu in Nepal eingerichtet und habe ihre Route bis auf ein Höhe von etwa 5900 Metern erkundet. Für die 28 Jahre alte Südtirolerin ist es die erste Winterexpedition im Himalaya. Sie müsse sich in Geduld üben, schreibt Tamara auf ihrer Homepage. „In Gedanken wäre ich morgen schon auf 7000 Metern und beim nächsten Gutwetterfenster am Gipfel (sofern es uns vergönnt ist). Aber dank Simone, der ja genug Erfahrung hat, kann ich meine Vorstellungen einigermaßen zügeln und versuche einfach, immer nach einem meiner Vorsätze zu leben: den Moment genießen.“ Simone Moro ist ein alter Winter-Hase. Die Expedition zum Manaslu ist seine 13. in der kalten Jahreszeit. Drei Winter-Erstbesteigungen von Achttausendern gehen auf das Konto des Italieners: Shishapangma (2005), Makalu (2009) und Gasherbrum II (2011).

Update 28.2.: Die Bergsteiger am Nanga Parbat haben auf 5300 Metern umgedreht und sind ins Basislager abgestiegen. „Zu viel Schnee heute, gefährlich“, twitterte Alex Txikon. „Ich werde weitermachen.“ Die drei iranischen Bergsteiger haben sich jedoch angeblich entschlossen, ihre Winterexpedition wegen der gefährlichen Verhältnisse am Berg zu beenden.

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Erinnerung an Anschlag ständig präsent https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-basislager-nanga-parbatr-des-nanga-parbat-anschlags/ Tue, 24 Dec 2013 09:48:29 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24827 Durch Neuschnee gewühlt

Durch Neuschnee gewühlt

Sollte es noch Spuren des Mordanschlags geben, sieht man sie nicht. Im Basislager auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat, wo Terroristen im Sommer elf Bergsteiger erschossen hatten,  stehen keine alten Zelte mehr. Der Platz liegt unter einen etwa 70 Zentimeter dicken Schneedecke. „Wir haben uns heute durch einen halben Meter Neuschnee wühlen müssen“, erzählt Ralf Dujmovits per Satellitentelefon, eine Stunde nachdem er mit dem Polen Darek Zaluski, ihrem Koch Essan, dem Hilfskoch Karim und den ersten der 30 Träger im Basislager eingetroffen ist. „Die Träger wollen wegen der klirrenden Kälte nur noch schnell ihr Trinkgeld in Empfang nehmen und dann sofort wieder zurückkehren.“ Eine ursprünglich direkt nach der Ankunft geplante kleine Zeremonie für die Opfer des Anschlags musste wegen der widrigen Wetterverhältnisse verschoben werden.

Klo-Wache

Während des zweieinhalbtägigen Trekkings zum Basislager war die Erinnerung an das schreckliche Geschehen vom Sommer ein ständiger Begleiter gewesen. Alle Einheimischen hätten ihn darauf angesprochen, erzählt Ralf, dessen Winter-Expedition die erste nach dem Attentat ist: „Uns schlug Freude entgegen, dass wir hier sind, und Hochachtung. Die Menschen im Diamir-Tal haben uns einen netten Empfang bereitet.“ Schließlich seien nach dem Anschlag Trekkinggruppen und Expeditionen ausgeblieben. „Den Bewohnern des Tals ist sehr viel verloren gegangen. Sie sind immer noch sehr geschockt.“ Der Expedition sind drei mit Kalaschnikows bewaffnete Polizisten zugeteilt worden, die auch im Basislager bleiben sollen. „Die sind sehr aufmerksam“, sagt Ralf. „Selbst wenn ich während des Anmarschs aufs Klo ging, hielt einer von ihnen draußen Wache.“

Hochzeit und Erste Hilfe

Ralf (3.v.l.) und Darek (r.) beim Briefing in Chilas

Ralf (3.v.l.) und Darek (r.) beim Briefing in Chilas

Nach dem so genannten „Briefing“, der Absprache mit pakistanischen Behördenvertretern, waren Dujmovits und Zaluski am Sonntag früh von Chilas aus mit Jeeps aufgebrochen, über eine laut Ralf „vogelwilde Straße“. Mehrfach mussten die Bergsteiger an kritischen Stellen aussteigen. Im Dorf Diamarai traf Dujmovits einen Hilfskoch seiner Nanga-Parbat-Expedition 2001 wieder und wurde kurzerhand zur Hochzeit von dessen Sohn eingeladen. Viereinhalb Stunden Fußmarsch folgten, durch eine enge, ausgesetzte Schlucht hinauf ins 2700 Meter hoch gelegene Dorf Ser. Dort musste Ralf einem sechsjährigen Jungen Erste Hilfe leisten, der ins Bachbett gestürzt war und sich leichte Verletzungen zugezogen hatte.

Gipfel mit langer Windfahne

Träger unterwegs

Träger unterwegs

Am nächsten Tag stiegen die Expeditionsteilnehmer zur Sommer-Alm Curtgali, einer Ansammlung einfacher Hütten für Hirten auf 4000 Meter Höhe. „Ab 3200 Metern hatten wir eine geschlossene Schneedecke“, berichtet Ralf. „Vom Wetter her war es sehr schön, aber mit minus 15 Grad Celsius ziemlich kalt. Vom Gipfel des Nanga Parbat wehte eine Windfahne, die etwa ein Kilometer lang war. Ich schätze die Windgeschwindigkeit auf zwischen 120 bis 150 Stundenkilometer.“ Die nächsten Tage wollen Ralf und Darek nutzen, um sich im Basislager einzurichten und die unteren, flacheren Gletscherpassagen bis auf eine Höhe von 5000 Metern zu erkunden.

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Mit der Kalaschnikow im Anschlag https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-nanga-parbat-chilas/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/dujmovits-nanga-parbat-chilas/#comments Fri, 20 Dec 2013 15:42:07 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24799 Polizei-Eskorte für Bergsteiger

Polizei-Eskorte für Bergsteiger

Sicherheit wird groß geschrieben am Nanga Parbat. „Wir hatten die gesamte Zeit auf dem Karakorum-Highway eine Polizei-Eskorte“, sagt Ralf Dujmovits. „Vor und hinter uns fuhren ständig Pickups, auf deren Ladeflächen je zwei Polizisten auf Bänken saßen. Sie hielten ihre Kalaschnikows im Anschlag.“ Ralf ruft mich aus Chilas an, einer kleinen Stadt am Indus, etwa 50 Kilometer Luftlinie vom Achttausender Nanga Parbat entfernt. Weil das Gepäck seines polnischen Begleiters Darek Zaluski nicht rechtzeitig eingetroffen war, hatten sie einen Tag länger als ursprünglich geplant in Islamabad bleiben müssen. Am Samstag wollen Ralf und Darek die Lasten an ihre Träger verteilen, die sich dann auch schon auf den Weg Richtung Diamir-Basislager machen sollen. „Ich werde wohl morgen noch in Chilas bleiben, weil ich noch einige Formalitäten erledigen muss“, sagt Ralf. „Aber wenn alles nach Plan läuft, werden wir wohl in drei Tagen im Basislager eintreffen.“

Polizisten bleiben im Basislager

Dort hatten Terroristen Ende Juni elf Bergsteiger erschossen. Die Diamir-Seite war anschließend den gesamten Sommer über für Expeditionen gesperrt worden. Dujmovits und Zaluski werden die ersten Bergsteiger sein, die nach dem Mordanschlag ihre Zelte im Diamir-Basislager aufschlagen. „Zwei bis drei Polizisten werden uns begleiten“, berichtet Ralf. „Und sie werden wohl auch während der gesamten Expedition im Basislager bleiben.“ Ralf will das erste sich bietende Wetterfenster nutzen, um einen Gipfelversuch zu starten. Der 52-Jährige hat sich – wie berichtet – drei Wochen lang am Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas, akklimatisiert. Darek Zaluski soll ihn nur in den ersten flacheren, spaltenreichen Gletscherzonen begleiten. Ab einer Höhe von 5000 Metern will Ralf alleine aufsteigen. Der 8125 Meter hohe Nanga Parbat ist bereits 17 Mal im Winter versucht worden, alle Expeditionen scheiterten.

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Dujmovits: Ab 5000 Metern alleine unterwegs https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dujmovits-nanga-parbat/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/interview-dujmovits-nanga-parbat/#comments Wed, 18 Dec 2013 11:05:46 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=24755 Ralf Dujmovits auf dem Gipfel des Aconcagua

Ralf Dujmovits auf dem Gipfel des Aconcagua

Schnell und allein. Das ist die Taktik, die sich Ralf Dujmovits für seine Winterbesteigung des Nanga Parbat vorgenommen hat. Der Bergsteiger, der als erster Deutscher auf allen 14 Achttausendern stand, wählte eine ungewöhnliche Form, um sich zu akklimatisieren: Der 52-Jährige bestieg den Aconcagua, den höchsten Berg Südamerikas, und verbrachte auch zwei Nächte am 6962 Meter hohen Gipfel. Ralfs Frau, die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner, fehlt bei der Expedition zum Nanga Parbat. Die 43-Jährige muss ihre beim Training überbeanspruchten Gelenke kurieren. Ralf ist heute nach Pakistan gereist. Während seines kurzen Zwischenstopp zu Hause in Bühl habe ich mit ihm gesprochen:

Ralf, warum der Nanga Parbat?

Der Nanga Parbat ist für mich – und war auch lange Zeit für Gerlinde – der schönste Achttausender. Wann immer wir, nachdem die 14 Achttausender geschafft waren, gefragt wurden, an welchen dieser Berge wir vielleicht noch einmal zurückgehen wollten, haben wir unabhängig voneinander geantwortet: an den Nanga Parbat. 

Und warum ausgerechnet im Winter?

Es bietet sich natürlich an, etwas zu versuchen, was bisher noch nicht geglückt ist. Insofern macht es Sinn, die Rückkehr zum Nanga Parbat mit einer Winterbesteigung zu kombinieren. Wenn man eine Besteigung schon kennt, wenn man weiß, was an welchen Stellen auf einen zukommt, wie viele Höhenmeter noch fehlen, welche Schwierigkeiten noch zu bewältigen sind, dann ist das ein mentaler Vorteil. Auch eine Besteigung im Winter ist dann sicher deutlich weniger schwierig, als wenn man so einen Berg noch nie bestiegen hat.

Aber du giltst nicht unbedingt als ausgewiesener Winterexperte im Himalaya und Karakorum.

Mit Sicherheit nicht, aber ich habe sehr viel Erfahrung, und ich hoffe, dass ich davon bei diesem Winterprojekt profitieren kann. Es sind ja nicht nur die 14 Besteigungen. Ich habe auch sehr oft umgedreht. Bei meinen insgesamt 32 Versuchen an Achttausendern habe ich viel Erfahrung gesammelt. Ich glaube schon, dass ich mir das zutrauen kann.

Ralf Dumovits: Winter-Experte an den Achttausendern?

Basislager auf der Diamir-Seite

Basislager auf der Diamir-Seite

Du willst über die Diamir-Flanke des Nanga Parbat aufsteigen. In den letzten Jahren sind Expeditionen dort häufig im Schnee gewissermaßen abgesoffen. Warum wählst du diese Seite?

Die Bergsteiger sind nur zum Teil im Schnee abgesoffen. Sie sind eher gescheitert, weil sie auf ihren Routen zu viel Blankeis angetroffen haben. Denis Urubko und Simon Moro zum Beispiel wollten 2012 eigentlich die Kinshofer-Route nehmen, haben aber gesehen, dass die Route zu viel Blankeis hatte. Ich denke, es hängt sehr viel von den aktuellen Verhältnissen ab. Ich mache mir im Vorfeld nicht den Stress, mich auf eine Route festzulegen, sondern lasse mir das offen. Ich schaue mir vor Ort die Verhältnisse an und werde mich dann für eine der Möglichkeiten entscheiden.

Du wirst dort unterwegs sein, wo im vergangenen Sommer Terroristen elf Bergsteiger erschossen haben. Machst du dir Sorgen um deine Sicherheit?

Was meine persönliche Sicherheit anbetrifft, nicht. Es wäre im Winter sicher einfacher, auf die Rupalseite zu gehen, wo jetzt auch andere Winterexpeditionen unterwegs sein werden. Aber ich glaube nicht, dass sich so ein furchtbarer Vorfall wiederholen wird, dass also die Taliban dort wieder auftauchen. Eine ganz andere Geschichte ist, damit umzugehen, dass ich jetzt quasi die nächste Expedition bin, die dort oben das Basislager aufschlagen wird. Damit habe ich mich sehr intensiv auseinandergesetzt. Die Leute brauchen den Bergtourismus und die Expeditionen. Das ganze Diamir-Tal lebt zu einem guten Teil von den Trägerdiensten. Wenn jetzt keine Expeditionen mehr kämen, wäre das ein Totalverlust für die Dörfer. Ich möchte einfach hinter das alles einen Punkt setzen und klarstellen, dass man dorthin weiter zum Bergsteigen gehen kann.

Ralf Dujmovits über die Lage nach dem Mordanschlag am Nanga Parbat

Du wirst vom Polen Dariusz, genannt „Darek“, Zaluski begleitet, einem Weggefährten eurer K-2-Expedition 2011. Seid ihr eine Zweier-Seilschaft?

Nein, Darek wird mich bis zum Basislager begleiten, maximal bis auf eine Höhe von 5000 Meter. Das ist der vordere Bereich mit eher flacheren Gletschern, wo man mit Spalten rechnen muss. Oberhalb von 5000 Metern hat man durchgängig steile Flanken, wo es zwar auch Spalten gibt, aber mit Sicherheit keine so tückischen wie auf in den flacheren Passagen. Darek hat nicht die gleiche Akklimatisation, wie ich sie von Südamerika mitgebracht habe. Deshalb werde ich oberhalb von 5000 Metern alleine unterwegs sein.

Das ist ja noch einmal eine ganz spezielle Herausforderung.

Ja, mit Sicherheit. Auf sich allein zurückgeworfen zu sein, mit der Einsamkeit umzugehen, das ist ein eigenes Thema. Aber ich möchte sehr unkompliziert und sehr schnell unterwegs sein. Und die schnellste Art, völlig frei und unabhängig agieren zu können, ist, alleine aufzusteigen. Ich habe mich darauf eingestellt. Ich war am Aconcagua tagelang alleine und habe mich dort gut akklimatisiert. Ich habe den Kopf frei genug und denke, dass ich mit der Einsamkeit umgehen kann.

Ein Soloprojekt ist auf jeden Fall risikoreicher, als wenn man im Team unterwegs ist. Was sagt Gerlinde als deine Frau dazu?

Gerlinde war nicht glücklich, als ich mit ihr über mein Projekt gesprochen habe. Aber sie weiß, dass ich das schon so lange im Hinterkopf mit mir herumtrage, dass sie mir keinen Stein in den Weg legen wollte. Aber ganz happy war sie damit natürlich nicht.

Blick auf den Westgipfel des Aconcagua

Blick auf den Westgipfel des Aconcagua

Du hast deine Akklimatisierung am Aconcagua angesprochen. Das ist sehr ungewöhnlich.

Ich habe über die Jahre hin bei den Winterexpeditionen festgestellt, dass sich viele bei der reinen Vorakklimatisation an den Achttausendern aufgerieben haben. Sie haben sehr viel Energie verbraucht für den Aufbau der Hochlager, für das Einrichten der Fixseile und  andere Dinge mehr. Man hat im Winter nur sehr wenige, sehr kurze Wetterfenster. Wenn man die für die Akklimatisation quasi  verschwendet, ist das ein riesiger Verlust an Energie, die man sich für die  eigentliche Besteigung aufsparen sollte. Deshalb habe ich meine Vor-Akklimatisation in Südamerika gemacht, nicht ohne Anstrengung, aber angenehmer, weniger aufwändig, weniger hart  als an einem Achttausender. Ich habe heute Morgen auf der Waage gestanden. Ich habe in den dreieinhalb Wochen in Südamerika kein einziges Kilo verloren. Dabei habe ich im Hochlager vier Nächte auf 6000 Metern und zwei Nächte auf dem Gipfel des Aconcagua mit fast 7000 Metern verbracht. Ich bin also, meine ich, perfekt akklimatisiert.

Ralf Dujmovits über seine Akklimatisation am Aconcagua

Wie sieht dein Zeitplan für den Nanga Parbat aus?

Ich weiß, dass man im Winter nicht sehr lange die Kälte und den Wind am Berg aushält, deshalb habe ich nicht viel Zeit eingeplant. Wenn ich einen Tag nach der Ankunft im Basislager von Charly Gabl in Innsbruck die Auskunft bekommen sollte, dass ein Wetterfenster bevorsteht, könnte ich eigentlich sofort starten. Ich würde also versuchen, ohne Hochlager und Fixseile in einem Versuch durchzustarten.

Und wie viele Versuche gibst du dir?

Einen, maximal zwei.

P.S. Ich bleibe auch in Pakistan in Kontakt mit Ralf. Ihr werdet also hier im Blog aus erster Hand erfahren, wie es ihm am Nanga Parbat ergeht.

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Saison am Nanga Parbat beendet? https://blogs.dw.com/abenteuersport/saison-am-nanga-parbat-beendet/ Thu, 27 Jun 2013 13:18:16 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22361

Karakorum Highway

Es ist schon dunkel. Stundenlang sind wir im Kleinbus über den Karakorum Highway nach Norden gedonnert. Höchste Zeit, sich mal kurz die Beine zu vertreten. Nahe der Stadt Chilas halten wir an einer Teestube. Davor stehen einige langbärtige Männer. Ich komme mit ihnen ins Gespräch. Smalltalk, nicht mehr: „Wie geht es?“ „Woher, wohin?“ Plötzlich gestikuliert mein Bergführer wild. Ich solle schleunigst wieder einsteigen. Im Bus frage ich ihn, warum er so aufgeregt sei. „Bad men, dangerous!“, antwortet mein pakistanischer Begleiter. Böse Männer, gefährlich? Bis heute denke ich, dass er damals, im Sommer 2004, überreagiert hat. Und doch musste ich jetzt wieder an diese Episode denken, als ich vom Mordanschlag auf elf Bergsteiger im Nanga-Parbat-Basislager erfuhr. Schon vor neun Jahren galt die Region um den Achttausender in Pakistan als politisch heikel.

Angeblich 14 Täter identifiziert

Aktuell bemühen sich die Polizeibehörden von Gilgit-Baltistan zu signalisieren, dass sie die Lage wieder unter Kontrolle haben. 16 Terroristen seien inzwischen namentlich identifiziert, sagte Polizeichef Usman Zakaria. Die Täter hielten sich immer noch irgendwo im Diamir-Tal versteckt. Nach dem blutigen Anschlag vom vergangenen Wochenende hatten alle Expeditionen auf der Westseite des Nanga Parbat den Berg verlassen müssen und waren nach Islamabad zurückgekehrt. Ich habe beim Alpine Club of Pakistan (ACP) nachgefragt, ob nun der gesamte Nanga Parbat für den Sommer gesperrt sei.

Nur die Rumänen sind noch da

„Nur fünf Gruppen, die sich aus Bergsteigern verschiedener Nationalitäten zusammensetzten, hatten eine Genehmigung für den Nanga Parbat beantragt. Vier versuchten sich auf der Diamir-Seite, eine rumänische Gruppe auf der Rupal-Seite“, antwortet mir ACP-Präsident Manzoor Hussain leicht ausweichend. Die Expeditionen auf der Diamir-Seite hätten wegen des Mordanschlags den Berg verlassen und würden auch nicht wieder zurückkehren. Die Gruppe auf der Rupal-Seite versuche weiter, den Berg zu besteigen. „Weil keine weiteren Anfragen vorliegen, den Nanga Parbat im Sommer zu besteigen, ist die Saison damit sicherlich beendet“, schließt Manzoor Hussain. Und was ist mit den Rumänen?

Beschützer oder Boten?

Die Bergsteiger in der Rupalwand sind offenkundig unsicher, ob auch sie den Berg verlassen müssen.  „Wir haben so hart gearbeitet. Ich will es nicht auf diese Weise beenden“, klagte Török Zsolt, der mit seinem Teamgefährten Aurel Salasan eine Höhe von 7200 Metern erreicht hatte. Anschließend stiegen die beiden bis zu Lager 2 auf 6000 Metern ab, um mit ihren Expeditionskollegen über das weitere Vorgehen zu beraten. Angeblich warten im Basislager zwei Polizisten. Ob sie geschickt wurden, um das Basislager zu sichern oder aber für ein Ende der Expedition sorgen sollen, ist noch unklar. Meine Anfrage bei der pakistanischen Agentur, die für die Rumänen die Expedition organisiert hatte, blieb bisher unbeantwortet.

Update 22 Uhr: Mohammad Ali von der Agentur Karakurum Magic Mountains hat mich informiert, dass die endgültige Entscheidung  am morgigen Freitag (28. Juni) fallen soll.

Update 28.6.: Die Rumänen setzen ihre Expedition am Nanga Parbat fort. Sie wollen weiter versuchen, den Gipfel zu erreichen.

 

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Am Nanga Parbat kein Risiko gehen https://blogs.dw.com/abenteuersport/angriff-nanga-parbat-folgen/ Mon, 24 Jun 2013 14:18:09 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22303

Westseite des Nanga Parbat

Der Mordanschlag am Nanga Parbat hinterlässt selbst Pakistan-Kenner fassungslos. „Wir sind davon kalt erwischt worden“, sagt mir Eberhard Andres, beim Trekking-Veranstalter Hauser Exkursionen für Reisen nach Pakistan zuständig. „Es war wirklich das allererste Mal, dass so etwas vorgefallen ist.“ Terroristen der Taliban hatten das Basislager an der Westflanke des Nanga Parbat angegriffen und nach neuen Informationen elf Bergsteiger erschossen: drei Ukrainer, drei Chinesen, zwei Slowaken, einen Litauer, einen Nepalesen und einen Pakistaner. Der Anschlag habe „eine komplett neue Qualität“, meint Dominik Müller, Chef der Agentur Amical Alpin. Auch der Schweizer Expeditionsveranstalter Kari Kobler ist geschockt: „Man hat schon gewusst, dass Pakistan ein heißes Pflaster ist. Aber doch nicht im Norden.“  Alle rechnen mit negativen Folgen für den Bergtourismus in Pakistan, der nach mageren Jahren in Folge der unsicheren Lage gerade erst wieder auf die Füße gekommen war. 

Expedition 2014 wird gestrichen 

„Das verändert natürlich die ganze Lage“, sagt Kari Kobler. „Das ist schlecht für Pakistan.“ Er habe gehört, dass die Armee jetzt 70.000 weitere Soldaten in die Region schicke. „Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Zum Glück habe er derzeit keine Kunden am Nanga Parbat. Kobler zieht Konsequenzen.. „Wir werden die für 2014 geplante Expedition zu dem Berg aus dem Programm schmeißen. Das kannst du nicht machen.“

Kurzfristig muss Hauser reagieren. Am 8. Juli sollte eine Trekkinggruppe nach Pakistan starten, um den Achttausender zu umrunden. „Das macht keinen Sinn, jetzt am Nanga Parbat Risiko zu gehen“, sagt Eberhard Andres. „Das können wir uns nicht leisten.“ Er stehe mit den Kunden in Kontakt, um nach Alternativen zu suchen. „Es wäre aber falsch zu sagen, wir machen Pakistan jetzt für Jahre zu.“ Für 2013, so Andres, sei das Land „hervorragend gebucht“ gewesen. Die faszinierende Bergwelt Pakistans habe unter Trekkern zunehmend als Geheimtipp gegolten und als Alternative zu den klassischen Routen in Nepal. „Es hat sich herumgesprochen, dass man vor Ort nicht das Gefühl hatte, gefährdet zu sein.“ 

Polizei-Eskorte auf Karakorum Highway

Doch genau dieses Gefühl dürfte jetzt, zumindest am Nanga Parbat, abhanden gekommen sein. „Wir müssen abwarten, was die Regierung macht“, sagt Dominik Müller. Der Amical-Chef war vor drei Jahren letztmals am Nanga Parbat unterwegs und empfand die Lage im Diamir-Tal als problematisch. „Die Clans haben schon damals untereinander Stress gehabt.“ Dort gebe es keine Militärposten. „Uns war ein Offizier zugeteilt, der uns aber nicht zum Berg begleitet hat.“ Aufgrund seiner Erfahrungen hatte Müller den Nanga Parbat nicht ins Programm für 2013 aufgenommen. „Die Region war mir zu heiß.“ In diesem Jahr hätten alle Expeditionsgruppen, die auf dem Karakorum Highway nach Norden gefahren seien, erstmals in der Gegend um die Stadt Chilas nahe dem Nanga Parbat Polizei-Eskorten erhalten. 

Nach Möglichkeit per Flugzeug 

Die Veranstalter machen darauf aufmerksam, dass die Lage weiter im Norden, rund um die anderen Achttausender Pakistans, sicher sei. Die Agenturen vor Ort versuchten jetzt, alle Bergsteiger und Trekkingtouristen von Islamabad aus – statt mit Bussen über den Karakorum Highway – direkt per Flugzeug in die Stadt Skardu und auch zurück zu bringen. Das Auswärtige Amt hat nach dem Anschlag vom Nanga Parbat eine „Teilreise-Warnung“ ausgegeben. Das Außenministerium in Berlin rät, „sich vor Reisen nach Gilgit-Baltistan bei den pakistanischen Reiseveranstaltern und Behörden umfassend über die aktuelle Sicherheitslage zu informieren.“

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Mordanschlag am Nanga Parbat https://blogs.dw.com/abenteuersport/mordanschlag-am-nanga-parbat/ Sun, 23 Jun 2013 15:10:47 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=22277

Nanga Parbat

„Killer Mountain“ steht auf dem Schild am Karakorum Highway, dort, wo du einen Blick auf den majestätischen Achttausender Nanga Parbat werfen kannst. Eigentlich soll das Schild an die zahlreichen Tragödien am „Nackten Berg“ im letzten Jahrhundert erinnern, etwa an die von 1937, als 16 Mitglieder einer deutschen Expedition bei einem Lawinenunglück ums Leben kamen. Doch jetzt hat das Schild eine neue, beklemmende Bedeutung erhalten. Ein Killerkommando drang  ins Basislager auf der Diamir-Seite des Nanga Parbat ein und erschoss mindestens zehn Menschen. Die pakistanische Regierung teilte mit, bei den Opfern handele es sich um fünf Bergsteiger aus der Ukraine, vier Chinesen und einen pakistanischen Bergführer.

Racheakt

Eine pakistanische Taliban-Gruppe übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Es habe sich um einen Racheakt für die Tötung eines ihrer Führer gehandelt, sagte ein Sprecher der Gruppe: „Diese Ausländer sind unsere Feinde und wir übernehmen die Verantwortung dafür, sie getötet zu haben. Wir werden auch in der Zukunft solche Angriffe starten.” Der pakistanische Ministerpräsident Nawaz Sharif verurteilte den „unmenschlichen und brutalen“ Angriff und versprach, dass die Täter ermittelt und bestraft würden.

Viele waren am Berg

Im Basislager auf der Diamir-Seite, der Westflanke des Nanga Parbat, hatten mehr als 50 Bergsteiger ihre Zelte aufgeschlagen. Viele hielten sich bei gutem Wetter in den Hochlagern auf und entgingen so dem Blutbad. Trotz der Nähe zur afghanischen Grenze waren Bergtouristen im Norden Pakistans bisher weitgehend von terroristischen Anschlägen verschont geblieben. Mit dem K 2, dem Broad Peak, dem Gasherbrum I und II sowie dem Nanga Parbat liegen fünf der 14 Achttausender in Pakistan.

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