kommerzielle Expeditionen – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Everest-Saison „so normal, wie sie sein konnte“ https://blogs.dw.com/abenteuersport/everest-saison-so-normal-wie-sie-sein-konnte/ Fri, 10 Jun 2016 14:31:48 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=32913 Mount Everest

Mount Everest

Vor der Saison waren sich eigentlich alle einig: Noch ein Jahr mit Unglücken und ohne Gipfelerfolge am Mount Everest würde das kommerzielle Bergsteigen am höchsten Berg der Erde kaum verkraften. Es kam anders. Mehr als 400 Besteigungen auf der nepalesischen Südseite des Everest, über 100 auf der tibetischen Nordseite, fünf Todesfälle im Gipfelbereich. Alles wieder normal? Irgendwelche Probleme, auf die man hinweisen sollte? Das habe ich einige Expeditionsveranstalter gefragt, die im Frühjahr am Everest waren. Die ersten drei haben bereits geantwortet. Es gibt einige Übereinstimmungen. Aber lest selbst!

Crampton: „Warum keine Regeln wie bei den Chinesen?“

Für Phil Crampton, der in Großbritannien geboren wurde und in den USA lebt, war es die 14. und letzte Saison am Everest. Er hatte schon im Vorfeld angekündigt, dass sich sein Unternehmen Altitude Junkies ab 2017 auf „weniger überfüllte“ Berge wie die Achttausender Makalu, Dhaulagiri und Kangchendzönga konzentrieren werde. Crampton selbst stand sechsmal auf dem Gipfel des Mount Everest. In dieser Saison verbuchte das Altitude-Junkies-Team 16 Gipfelerfolge. Hier ist Phils Bilanz:

Phil Crampton

Phil Crampton

„Die Frühjahrssaison am Everest war so normal, wie sie nach den Katastrophen-Saisons 2014 und 2015 sein konnte. Der Berg war in diesem Jahr nicht so überfüllt wie sonst. Und doch wurden am Gipfeltag 19. Mai wieder Engpässe wegen Massen von Bergsteigern gemeldet. Expeditionsveranstalter und die Regierung in Kathmandu sprechen bereits davon, dass sie für die Saison 2017 eine höhere Zahl ausländischer Bergsteiger erwarten, weil immer noch viele Leute Permits aus den vergangenen beiden Jahren haben. Ich habe wieder einmal Bergsteiger mit unzureichender Höhenerfahrung an den Flanken des Everest gesehen. Und die meisten von ihnen waren mit Billiganbietern unterwegs, die über weniger Erfahrung verfügen. Auch die Frage der alpinen Erfahrung der Everest-Bergsteiger wird von der Regierung nicht geregelt. Es scheint, als dürfe jeder losklettern, der bereit ist, die 11.000 Dollar für das Permit zu zahlen. Warum macht man es nicht so wie die Chinesen, die von allen ihren Staatsbürgern fordern, vorher einen anderen Achttausender bestiegen zu haben, bevor sie ein Permit für die Nordseite erhalten?“

Barringer: „Müll auf dem Berg, unerfahrene Bergsteiger“

Adrian Ballinger versuchte in diesem Frühjahr zusammen mit seinem US-Landsmann Cory Richards, den Everest von Norden aus ohne Flaschensauerstoff zu besteigen. Per Snapchat ließen sie unter dem Hashtag #everestnofilter die Welt in Echtzeit an ihrem Aufstieg teilhaben. Adrian drehte auf etwa 8500 Metern um, als er bei sich erste Symptome der Höhenkrankheit feststellte, Cory erreichte den Gipfel. Ballingers Unternehmen Alpenglow Expeditions war auch mit einem kommerziellen Team am Berg. Das schrieb mir Adrian:

Adrian Ballinger

Adrian Ballinger

„2016 war eine großartige Saison für Alpenglow am Everest. 100 Prozent unserer kommerziellen Kunden (vier Kletterer, drei Sherpas) erreichten den Gipfel, bei sehr guten Bedingungen. Die Route auf der Nordseite war in einem sehr guten Zustand, und viel sicherer, als ich es auf der Südseite in den vergangenen acht Saisons erlebt habe. Das Fixseil-Team der CTMA (Chinese Tibet Mountaineering Association) hat größtenteils ausgezeichnete Arbeit geleistet. Dennoch gibt es Probleme am Berg, die angesprochen werden müssen. Verantwortlich dafür sind Billiganbieter ohne westliche Bergführer. Zu diesen Problemen gehört, dass sie Müll und Fäkalien am Berg zurücklassen, unerfahrene Bergsteiger in ihren Teams zulassen und die Ressourcen anderer Teams nutzen, die ihnen selbst fehlen. Keines dieser Probleme ist unüberwindbar, aber es ist notwendig, Regeln für die kommerziellen Veranstalter aufzustellen und diese auch durchzusetzen.“

Brice: „Neue nepalesische Veranstalter mit zu wenig Sherpas“

Auch der Neuseeländer Russell Brice kann aus seiner Sicht als Chef des Veranstalters Himalayan Experience mit der Everest-Saison zufrieden sein. Sechs seiner Kunden, darunter auch der Deutsche Andreas Friedrich, erreichten mit ihren Sherpas, von Süden aufsteigend, den höchsten Punkt. Russ hat mich ermuntert, seine Saisonbilanz auf der Himex-Homepage zusammenzufassen. Das habe ich getan:

Russell Brice

Russell Brice

„Nachdem ich gesehen hatte, wie viele Menschen aufbrachen, um am 19. Mai den Gipfel zu erreichen, hat es mich nicht überrascht, was später in der Saison geschah. Es war „Business as usual auf dem Everest“, wie es in der Schlagzeile eines Artikels hieß. Aber ich frage mich wirklich, ob wir denn niemals aus den Fehlern der Vergangenheit lernen! Es gibt hier jetzt viele neue nepalesische Expeditionsanbieter. Wir stellen fest, dass sie nur über eine begrenzte Anzahl von Sherpas verfügen. Sehr häufig sind diese Teams nicht in der Lage, Sherpas bereitzustellen, um Ausrüstung auf den Berg zu schaffen und Fixseile anzubringen. Es war zwar eine demokratische Entscheidung, dass sich Sherpas aus neun verschiedenen Teams um das Anbringen der Fixseile bis zum Gipfel kümmerten, aber effizient war es nicht. Es wäre besser gewesen, wenn zwei oder drei Veranstalter für diese Aufgabe Sherpas abgestellt hätten, die sich gekannt und gut zusammengearbeitet hätten, und wenn es einen Sirdar oder Anführer gegeben hätte, dessen Anweisungen sie befolgt hätten. So wäre das Anbringen der Fixseile effizienter verlaufen. Es wäre schneller gegangen und hätte deswegen die Sherpas weniger in Gefahr gebracht.“

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Rupert Hauer: Rettung geht vor Gipfel https://blogs.dw.com/abenteuersport/rupert-hauer-rettung-geht-vor-gipfel/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/rupert-hauer-rettung-geht-vor-gipfel/#comments Thu, 24 Apr 2014 02:00:53 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=25855 Rupert Hauer auf der Nordseite des Everest

Rupert Hauer auf der Nordseite des Everest

Dünne Luft muss oft herhalten, um dünne Moral zu rechtfertigen. Gerade in der Gipfelregion des Mount Everest halten es viele Bergsteiger für selbstverständlich, im übertragenen und auch wörtlichen Sinne über Leichen zu gehen. Rupert Hauer bewies im Mai 2013, dass es auch anders geht. Der Österreicher hatte zuvor mit den Deutschen Alix von Melle und Luis Stitzinger die Shishapangma bestiegen. Es war sein dritter Achttausender nach dem Dhauligiri 2009 und dem Cho Oyu 2010. Jetzt wollte Rupert den Everest über die tibetische Normalroute besteigen, ohne Flaschensauerstoff. Am Third Step, der Felsstufe am Nordgrat auf 8700 Metern, an der letzten Hürde vor dem Gipfel, begegnete er dem US-Amerikaner Ruben Payan, der auf dem Rückweg war, schneeblind, hilflos. „Ich habe keine Sekunde gezögert“, erzählte später der Alpinpolizist aus Salzburg, der auch als Bergführer und Bergretter unterwegs ist. Zusammen mit Payans Sherpa geleitete Hauer den US-Bergsteiger über sechs Stunden lang hinunter zum letzten Lager auf 8300 Metern. Payan überlebte. Rupert bezahlt seine selbstlose Rettungsaktion nicht nur mit der verpassten Gipfelchance, sondern auch mit schweren Erfrierungen an der Nase.

2015 wird der 45-Jährige zum Everest zurückkehren, als Leiter einer kommerziellen Expedition, deren Ausschreibung in Deutschland für viel Wirbel sorgte. Angeboten wird sie vom DAV Summit Club, dem kommerziellen Ableger des Deutschen Alpenvereins. Kritiker werfen dem DAV vor, seine eigenen Grundsätze zu verraten. Ich habe Rupert Hauer einige Fragen zum Mount Everest geschickt – die meisten vor dem Lawinenunglück auf der Südseite, die ersten beiden hinterher. Ein Interview in zwei Teilen, die trotzdem zusammenpassen.

Am Gipfel der Shishapangma - mit Tunc Findik (l.)

Am Gipfel der Shishapangma – mit Tunc Findik (l.)

Rupert, eine Lawine im Khumbu-Eisbruch auf der Südseite des Mount Everest hat in der vergangenen Woche 16 Nepalesen das Leben gekostet. War es aus deiner Sicht ein Schicksalsschlag, der an den höchsten Bergen immer möglich ist, oder eine Tragödie, die hätte vermieden werden können?

Der Khumbu Eisbruch gilt als gefährlichste Passage auf dem Weg zum Everest von Süden. Es brechen jedes Jahr Seracs zusammen und gehen als Eislawinen nieder. Man kann dieser Gefahr nicht ausweichen. Die Sherpa und Träger müssen diese Passagen öfter begehen als die Bergsteiger. Es kommt jedes Jahr zu Unfällen im Khumbu-Eisbruch. Das ist nichts Neues. Das dieses Mal 16 Sherpas ihr Leben lassen mussten, ist natürlich sehr tragisch. Eine Eislawine löst sich ohne Vorankündigung, der Zeitpunkt eines Abgangs ist sehr schwer bis gar nicht einzuschätzen. Wenn man diese Passage begeht, muss man damit rechnen, dass es zu einem Unfall kommen kann. In diesem Fall war es natürlich Schicksal, dass sich gerade eine große Gruppe Sherpas in diesem Bereich aufgehalten hat.

Die Gefahr eines derartigen Unfalls ist jedem bekannt, der dorthin geht. 8000er-Bergsteigen ist sicher mit mehr Risiko behaftet als Bergsteigen bei uns in den Alpen. Wenn man von der Südseite den Everest besteigen will, muss man diesen Abschnitt durchsteigen.

Hältst du es für sinnvoll, die gesamte Saison auf der Südseite aus Respekt vor den Lawinentoten abzublasen?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich glaube, man sollte die Sherpas entscheiden lassen, ob sie in dieser Saison weiterhin am Berg arbeiten wollen. Deren Entscheidung sollte man dann auf alle Fälle akzeptieren. Die Unfallstelle muss ja im Aufstieg immer wieder begangen werden. Es ist zu hoffen, dass die Bergsteiger und deren Agenturen nicht zu viel Druck auf die Sherpas ausüben. Diese sollten auf alle Fälle die Möglichkeit bekommen, eine für sie vertretbare Entscheidung zu treffen. Wenn die Sherpas in dieser Saison nicht mehr aufsteigen, dann hat sich die Frage für die Bergsteiger so gut wie erledigt.

Du warst 2013 auf der Nordseite unterwegs. Wie war es um das bergsteigerische Können der Gipfelaspiranten bestellt?

Es ist schwierig, das zu beurteilen. Vom Einstieg in die Eisflanke, die zum Nordsattel führt, bis zum Gipfel ist ein Fixseil gespannt. Über den Second Step führt eine Leiter. Bergsteigerisches Können ist also in diesem Fall nicht ausschlaggebend für eine erfolgreiche Besteigung. Vielmehr kämpfen die Leute mit der Logistik am Berg. Sauerstoff, Wetterbericht, Hochlager … Die Bergsteiger, die ohne kommerziellen Anbieter unterwegs sind, verlassen sich in diesem Fall komplett auf die ihnen von den nepalesischen Agenturen zugewiesenen Sherpas. Diese waren 2013 teilweise sehr jung, hatten relativ wenig Erfahrung an hohen Bergen. Auch die Möglichkeiten, an einen aussagekräftigen Wetterbericht zu kommen, sind begrenzt. Es wird dabei auch nicht im Team gearbeitet, sondern es konzentriert sich jeder Bergsteiger mit seinem Sherpa auf den eigenen persönlichen Erfolg.

Aufstieg zum Nordsattel

Aufstieg zum Nordsattel

Du hast im vergangenen Jahr auf den Gipfel verzichtet, um einen in Not geratenen Bergsteiger aus 8700 Meter Höhe in Sicherheit zu bringen. Ist deine Einstellung „Rettung geht vor Gipfel“ immer noch eher die Ausnahme am Everest?

Ja, und zwar nicht nur am Everest. Auch auf anderen hohen Bergen kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. Dazu muss man aber auch anmerken, dass Bergsteiger, die mit künstlichem Sauerstoff unterwegs sind, zeitlichen Einschränkungen unterliegen und deshalb auch oft nicht mehr in der Lage sind zu helfen.

Die nepalesische Regierung hat mehrere neue Regeln für den höchsten Berg der Erde aufgestellt. So gibt es jetzt einen Wachposten im Basislager, der gleichzeitig Schiedsstelle bei möglichen Konflikten zwischen Sherpas und westlichen Bergsteigern sein soll. Was hältst du davon?

Ich kann dazu relativ wenig sagen. Auf der Nordseite gab es absolut kein Problem zwischen Bergsteigern und Sherpas. Es sind natürlich auch nicht so viele Bergsteiger auf dieser Route unterwegs (Verhältnis 1:8). Deshalb kommt es auch nicht zu solchen Auseinandersetzungen. Natürlich habe auch ich von den Vorfällen auf der Südseite Kenntnis erlangt. Ich denke, dass der gegenseitige Respekt einfach verloren geht. Die Bergsteiger denken nur noch an den persönlichen Erfolg (der mit viel Geld und sehr viel Zeitaufwand verbunden ist), und die Sherpas glauben sehr oft, dass niemand ohne ihre Hilfe den Gipfel erreicht. Auch die Sherpas müssen akzeptieren, dass es westliche Bergsteiger gibt, die zu außergewöhnlichen Leistungen im Stande sind.

Jeder Bergsteiger soll jetzt mindestens acht Kilo Müll vom Berg mit herunterbringen. Findest du das sinnvoll und wenn ja, würde es auch auf der Nordseite Sinn machen?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Bergsteiger in der Lage sind, zusätzlich acht Kilo Müll vom Berg zu schleppen. Es werden dann vermutlich weitere Sherpas hinaufgeschickt, um dies zu erledigen. Dies würde auch den Preis weiter in die Höhe treiben. So wie ich das auf der Nordseite erlebt habe, kümmert sich nach dem Gipfelerfolg kein Bergsteiger um das Müllproblem. Die Sauerstoffflaschen werden von den Sherpas wieder ins Basislager gebracht, um das Pfand bei der Rückgabe zu kassieren. Im Endeffekt ist das also wieder Arbeit für die Sherpas.

Derzeit gibt es meiner Ansicht nach auf der Nordseite kein Müllproblem. Es war nicht mehr Müll in den Hochlagern (ausgenommen der zerfetzten Zelte) als auf anderen Achttausendern. Auch auf der Shishapangma oder am Dhaulagiri bleiben immer wieder Zelte und Ausrüstungsgegenstände zurück.

2015 sollst du eine Everest-Expedition des DAV Summit Club leiten. Der hat sich einiges an Kritik anhören müssen, weil er den Everest in sein kommerzielles Expeditionsangebot aufgenommen hat. Hat dich die Aufregung überrascht?

Überrascht hat mich die Aufregung nicht. Es wird einfach zu viel Negatives über kommerzielle Expeditionen berichtet. Ich bin der Meinung, dass es für Everest-Aspiranten sicherer und auch erfolgversprechender ist, wenn sie mit einer professionell arbeitenden Agentur unterwegs sein können. Im Vorjahr konnte ich selbstständig agierende Bergsteiger und eine kommerzielle Gruppe vergleichen. Die kommerzielle Expedition führte die Besteigung unter Anleitung eines erfahrenen Expeditionsleiters durch. Dadurch erfolgte die Besteigung auch in einer Gruppe. Alle Teilnehmer mit ihren Sherpas waren untereinander mit Funk in Verbindung, konnten auf Probleme sofort reagieren und wurden auch vom  Expeditionsleiter ständig beobachtet und mit aktuellem Wetterbericht versorgt. Ich bin der Meinung, dass auch die Kameradschaft in einer derartigen Gruppe mehr gelebt wird.

Rupert an der Shishapangma

Rupert an der Shishapangma

Ralf Dujmovits, der lange Zeit kommerzielle Expeditionen veranstaltet hat, nahm die hohen Achttausender aus seinem Angebot heraus. Seine Begründung damals: Ein Bergführer sei am Everest selbst so sehr am Limit und mit sich selbst beschäftigt, dass er kaum seine Pflichten gegenüber den Kunden erfüllen könne. Wie siehst du das?

Auch die von Dujmovits verkaufte Agentur bietet nun wieder den Everest an. Ich bin der Meinung, dass der Everest unter Verwendung von künstlichem Sauerstoff nicht gefährlicher ist als andere 8000er Gipfel (die ja großteils ohne künstlichen Sauerstoff bestiegen werden). Es sollten einfach im Vorfeld von Expeditionen (egal zu welchen Bergen) die Teilnehmer verpflichtet werden, gewisse Ausbildungen vorzuweisen. Ein verpflichtender Vorbereitungskurs, bei dem  erfahrene Expeditionsleiter die Teilnehmer in den Basics schulen können, wäre schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Natürlich gehört auch das schrittweise Herantasten an die ganz hohen Berge dazu.

Wirst du deine eigenen Gipfelambitionen am Everest 2015 völlig zurückstellen, wenn du in die Rolle des Expeditionsleiters schlüpfst?

Ich habe bislang immer versucht, so vielen Teilnehmer wie möglich eine Gipfelchance zu ermöglichen. Natürlich ist das Erreichen des Gipfels ein Wunsch jedes Bergsteigers, ansonsten würde er ja nicht die Zeit und das viele Geld investieren. Wenn mir eine Gruppe anvertraut wird, ist mein oberstes Ziel, diese nach bestem Wissen und Gewissen zu betreuen. Sollte ein Umkehren notwendig werden, stelle ich die eigenen Gipfelambitionen zurück. Der Besteigungsversuch im Vorjahr war für mich eine sehr wichtige Erfahrung. Es ist gut zu wissen, dass einem der Gipfel zwar sehr wichtig ist (sonst wär ich ja nicht hingefahren), ich einem Gipfelsieg aber nicht alles unterordne. Ich habe bereits einige Expeditionen geleitet. Dabei habe ich auch immer den Gipfel mit Teilnehmern erreicht.

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„Was tun?“, spricht nicht nur Zeus https://blogs.dw.com/abenteuersport/%e2%80%9ewas-tun%e2%80%9c-spricht-nicht-nur-zeus/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/%e2%80%9ewas-tun%e2%80%9c-spricht-nicht-nur-zeus/#comments Wed, 30 May 2012 13:48:15 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14985

Zeit, in sich zu gehen

„Sag’ mal, was ist da eigentlich los am Mount Everest?“, wurde ich in den vergangenen Tagen häufig gefragt. „Am ersten Gipfel-Wochenende mit mindestens sechs Toten hat sich kein Drama, erst recht keine Katastrophe, sondern nur ein Unglück mit Ansage ereignet“, antwortete ich und schilderte die Umstände. Prompt kam dann meistens die Nachfrage, ob man die kommerziellen Expeditionen am Everest nicht schlicht verbieten solle. Das hatte schließlich auch Reinhold Messner gefordert, der – gefühlt – beinahe reflexartig befragt wird, sobald nur das Wort Himalaya fällt. Doch schon der amerikanische Schriftsteller und Satiriker Henry Louis Mencken (1880-1956) erkannte: „Für jedes Problem gibt es eine Lösung, die einfach, klar und falsch ist.“

Taube Ohren

Ein Verbot kommerzieller Expeditionen am Mount Everest könnte nur die nepalesische Regierung aussprechen. Die hat daran aber erstens kein Interesse, da sie selbst am Everest verdient, indem sie die Genehmigungen verkauft, den höchsten Berg der Erde zu besteigen. Und zweitens müsste sie sich dann den Vorwurf gefallen lassen, den Menschen im Khumbu-Gebiet rund um den Everest ein großes Stück ihres Überlebenskuchens wegzuschneiden. Schließlich leben nicht nur die „Climbing Sherpas“ von den Expeditionen, sondern auch viele Träger, Lodge-Besitzer und Lebensmittelhändler. Messner selbst weiß, dass seine Maximalforderung keine Chance hat. Schließlich stieß er in der Vergangenheit selbst mit seinem Vorschlag einer abgespeckten Verbots-Variante (nur eine Expedition pro Everest-Route) bei den Verantwortlichen in Nepal auf taube Ohren.

Vorschlag 1: Mindestens eine andere Achttausender-Besteigung

Muss darum alles bleiben, wie es ist? Nein. Ändert sich nichts, ist es nur eine Frage der Zeit, wann sich im Stau auf der Normalroute wirklich einmal ein Drama oder eine Katastrophe ereignet. Kreative Vorschläge sind nötig. Vielleicht hilft ja auch ein Bündel von Reformen. Einen diskussionswürdigen Vorschlag hat – wie ich finde – Dominik Müller gemacht. Der Bergführer und Chef des Expeditionsveranstalters Amical alpin regt an, künftig nur noch Bergsteiger für den Mount Everest zuzulassen, die zuvor mindestens einen anderen Achttausender bestiegen haben. „Dann haben sie wenigstens schon einmal sehr dünne Luft geschnuppert, das Leben bei einer Expedition kennengelernt und wissen, wie man Steigeisen anlegt“, sagt Dominik.

Vorschlag 2: Mehr Eigenverantwortung

Helfende Hände - in Maßen

Hier mein ergänzender Vorschlag: eine Arbeitsplatzbeschreibung für Sherpas, die zu mehr Eigenverantwortung der zahlenden Kunden führt. Die Sherpas legen weiterhin die Hochlager an und versichern die Route. Fixseile werden aber nicht – wie in den letzten Jahren zur Regel geworden – durchgängig, sondern nur noch an wirklich gefährlichen Passagen angebracht. Flaschensauerstoff wird erst ab Lager 4 auf dem Südsattel (knapp 8000 Meter) eingesetzt, in tieferen Regionen nur im Notfall. Die Bergsteiger tragen ihr Tagesgepäck und am Gipfeltag auch ihre Sauerstoffflasche selbst. Gipfelprämien für die Sherpas werden abgeschafft oder zumindest deutlich reduziert, dafür gibt es einen höheren Pauschallohn. Kein Sherpa wird sich deswegen auf die faule Haut legen, weiß er doch, dass er dann im nächsten Jahr nicht mehr engagiert wird.

Vorschlag 3: Gipfellisten überarbeiten

Der Schweizer Angelo Vedani, der 2007 zu unserem Team am Manaslu gehörte und den Gipfel erreichte, schlug in einem Kommentar zu einem meiner Blogartikel vor, Besteigungen mit Flaschensauerstoff nicht mehr in die offiziellen Gipfel-Listen (wie die der legendären Himalaya-Chronistin Elizabeth Hawley) aufzunehmen. „Dann wäre es viel schwieriger, mit einem ‚Gipfelsieg’ zu prahlen“, meint Angelo, schränkt jedoch ein: „Sicher müsste man die Besteigungen vor 1978, als Reinhold Messner und Peter Habeler den Gipfel erstmals ohne Sauerstoff erreichten, davon ausnehmen.“ Damit würde man aber auch jene guten, ambitionierten Bergsteiger treffen, die dem Mount Everest gewachsen waren, das Risiko, „oben ohne“ aufzusteigen, aber als zu groß einschätzten. Und ob die Everest-„Touristen“ wirklich auf die offiziellen Listen schielen? Einem Prahlhans reicht doch ein Gipfelfoto.

P.S. Habt ihr weitere Vorschläge. Her damit!

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