Bolotov – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Wenn es den Everest juckt https://blogs.dw.com/abenteuersport/telefonat-mount-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/telefonat-mount-everest/#comments Wed, 27 Feb 2013 15:11:00 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20137 Ende Februar. Noch ist es ruhig zu Füßen des Mount Everest. Die Ruhe vor dem Sturm. Oder sollte ich sagen Ansturm? Denn auch in diesem Frühjahr werden wieder Hunderte von Bergsteigern das Basislager auf der nepalesischen Südseite in eine Kleinstadt verwandeln, inklusive Hubschrauberlandeplatz, Miniklinik und kabelloser Internetverbindung. Eigentlich allerhöchste Zeit, mal wieder meinen Freund Chomolungma auf seinem Handy anzuläuten. Bevor er wieder völlig gestresst ist. 

Namasté, Chomo! Hier ist Stefan.

Du schon wieder. 

Nun übertreibe mal nicht. Ich habe dich doch nicht aus dem Winterschlaf geweckt, oder? 

Schau mal auf den Kalender! Vorsaison. Noch habe ich Urlaub. 

Freust du dich denn nicht wenigstens ein bisschen auf die Bergsteiger, die dir zum Jubiläum, 60 Jahre nach der Erstbesteigung, ihre Aufwartung machen? 

Willst du eine ehrliche Antwort? 

Ich bitte darum. 

Mindestens 90 Prozent von ihnen können mir gestohlen bleiben. Aber die kommen trotzdem, ohne dass ich sie eingeladen habe. 

Dann bleiben aber doch immerhin noch zehn Prozent, die du willkommen heißt. 

Du hörst nicht zu. Ich sagte, mindestens 90 Prozent. Aber unter uns: Auf einige Bergsteiger freue ich mich tatsächlich. 

Zum Beispiel? 

Etwa auf Simone Moro aus Italien und Ueli Steck aus der Schweiz, auf die kasachisch-russische Seilschaft Denis Urubko und Alexej Bolotov oder auf die beiden Russen Gleb Sokolov und Alexander Kirikov. Die wollen mich endlich mal wieder da kratzen, wo es juckt. 

Das musst du mir erklären. 

Schon mal was von RSI gehört? 

Sollte ich? 

RSI steht für Repetitive Strain Injury. Jemand, der ständig die gleiche Bewegung macht, z.B. mit einer Computermaus, bekommt irgendwann Schmerzen in Schulter, Nacken, Arm oder Hand. 

Und was hat das mit dir zu tun? 

(Stöhnt) Also für Begriffsstutzige wie dich: Jahr für Jahr belagern mich Hunderte und Aberhunderte auf den beiden Normalrouten, eine völlig einseitige Belastung. Das tut auf Dauer richtig weh. Und wo keiner unterwegs ist, an meinen schönen, steilen Wänden, dort juckt es dann. Entzugserscheinung. Das Gegenteil von RSI.

Verstehe. Bergsteiger auf neuen Routen verschaffen dir Linderung gegen den Juckreiz. 

Ja, Schnellmerker. Wenn Urubko und Bolotov in der Südwestwand, Sokolov und Kirikow in der Ostwand und Moro und Steck wo auch immer, aber auf jeden Fall auf neuer Route klettern, sind sie für mich wie ein Yak-Schwanz, der die Fliegen verscheucht. 

Der Vergleich hinkt aber. Denn diese Top-Bergsteiger sorgen vielleicht dafür, dass deine vernachlässigten Zonen gekratzt werden, aber doch nicht dafür, dass du dein RSI-Syndrom los wirst. 

Dafür habe ich meinen eigenen Yak-Schwanz. 

Du willst doch nicht … 

Jetzt komm’ mir bloß nicht mit Moral. 

Kannst du denn nicht wenigstens in der Jubiläumssaison ein Auge zudrücken? 

Mein Auge ist seit Jahren geschlossen. 

Warum? 

Weil diese Schmeißfliegen darauf sitzen. 

Das heißt, du drohst ihnen? 

Ich bin nur ein Berg, schon vergessen?

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/telefonat-mount-everest/feed/ 1
When Everest feels itchy https://blogs.dw.com/abenteuersport/telephone-call-everest-english/ Wed, 27 Feb 2013 15:10:21 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=20159 End of February. It’s still quiet at the foot of Mount Everest. The calm before the storm. Or should I say before the rush? There will be again hundreds of climbers who turn the basecamp on the Nepalese south side into a small town, with helicopter base, mini-hospital and wireless internet connection. It’s time to call my friend Chomolungma on his mobile phone – before she is stressed out.

Namasté, Chomo! Stefan speaking.

Oh no, you again.

Take it easy!I haven’t woken you up from your hibernation, have I?

Look at your calendar! Pre-season. I’m still on vacation.

Do you look forward at least a little bit to the climbers who will visit you in this jubilee season during which the 60th anniversary of the first ascent will be celebrated?

Do you really want me to answer honestly?

Yes, please.

If it was up to me, at least 90 percent of them could go to hell. Nevertheless they will come. Without my invitation.

In this case ten percent remain for you to welcome.

You don’t listen. I said at least 90 percent. But between you and me: Indeed I look forward to a few of the climbers.

For example?

Simone Moro from Italy and Ueli Steck from Switzerland, the Kazakh-Russian Team Denis Urubko/Alexej Bolotov and the Russians Gleb Sokolov und Alexander Kirikov. They will scratch me, where I feel itchy.

Please, explain it to me!

Have you ever heard of RSI?

Should I?

RSI stands for Repetitive Strain Injury. Someone who is always doing the same move, e.g. mousing, will sometime feel pain in his shoulders, neck, arm or hand.

And what has all this got do with you?

(He groans) For lunkheads like you: Year after year hundreds of people are crowding around on the two normal routes, that’s completely overusing. It really hurts. And where nobody is climbing, that is on my beautiful steep walls, I feel itchy. A withdrawal symptom. The opposite of RSI.

I understand: Climbers on new routes offer relief.

No shit, Sherlock! If Urubko and Bolotov climb on southwest face, Sokolov and Kirikov on east face and Moro and Steck whereever but on a new route, they are like a yaktail I can use for chasing the flies away.

That comparison falls short, because these top climbers may scratch your unattended areas, but won’t make you get rid of RSI.

For this I have my own yaktail.

But you don’t even want to …

Come on, don’t give me ethics!

But can you turn a blind eye this jubilee season at least?

My eye has been closed for years.

Why?

Because the blowflies are sitting on it.

Does it mean that you threaten them?

I am only a mountain, do you remember?

]]>
Winter-Wahrheiten und ein (halbes) Märchen https://blogs.dw.com/abenteuersport/winter-wahrheiten-und-ein-halbes-marchen/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/winter-wahrheiten-und-ein-halbes-marchen/#comments Mon, 03 Dec 2012 16:29:01 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=18463

Winter am Nanga Parbat

Der Winter steht kalendarisch vor der Tür, meteorologisch ist er längst im Haus. Für die Wetterfrösche beginnt die kalte Jahreszeit nämlich schon am 1. und nicht erst am 21. Dezember. Das passt zum heutigen Blick aus dem Fenster: Selbst hier im Rheinland fallen Schneeflocken. Sie bleiben jedoch nicht lange liegen. Das ist an den höchsten Bergen der Welt naturgemäß anderes. Auch in diesem Winter werden sich wieder einige wetterfeste Bergsteiger an jenen Achttausendern im Karakorum versuchen, die noch nie im Winter bestiegen wurden. 

Gerechtigkeit für alle? 

Am 8125 Meter hohen Nanga Parbat werden nach derzeitigem Stand mindestens zwei Expeditionen unterwegs sein. Am zweiten Weihnachtstag brechen die Ungarn David Klein und Zoltan Acs zusammen mit dem US-Amerikaner Ian Overton nach Pakistan auf. Sie wollen über die Diamir-Flanke aufsteigen – über dieselbe Route, auf der im vergangenen Winter der Italiener Simone Moro und der Kasache Denis Urubko bis auf eine Höhe von 6000 Meter gelangt waren, ehe sie wegen Dauerschneefalls hatten umkehren müssen. Über die so genannte Schell-Route am westlichen Rand der Rupal-Wand streben fünf Polen unter Leitung von Tomasz Mackiewicz gipfelwärts. Es ist die zweite Auflage der „Justice For All Nanga Panga Winter Expedition“. Im vergangenen Winter waren Maciewicz und Co gescheitert. Was eine Nanga-Parbat-Besteigung mit Gerechtigkeit für alle zu tun hat, erschließt sich mir nicht ganz. 

Wielicki am Broad Peak

Broad Peak (mit Schatten des K 2)

Auch der Achttausender Broad Peak im Karakorum wartet noch auf seine erste Winterbesteigung. Wie schon Anfang dieses Jahres will auch 2013 eine polnische Expedition den 8051 Meter hohen Berg angehen. Geleitet wird sie von der lebenden Legende Krzysztof Wielicki. Dem heute 62-Jährigen war 1980 mit seinem Landsmann Leszek Cichy die erste Winterbesteigung des Mount Everest gelungen. Auch den Kangchendzönga (1996 mit Jerzy Kukuczka) und den Lhotse (1990 solo) bestieg Krzysztof in der kalten Jahreszeit. Der Mann weiß also, wie es geht.

Erst im Frühjahr  

Denis Urubko

Im Internet kursieren derzeit Meldungen, der Kasache Denis Urubko und der Russe Alexej Bolotov wollten in diesem Winter am Mount Everest eine neue Route erschließen – und das im Alpinstil. Das wäre ein echter Leckerbissen. Stimmt auch alles – bis auf die Jahreszeit. Wir werden uns bis zum Frühjahr gedulden müssen. Er wolle „Mitte Mai in Topform den Gipfel des Mount Everest“ erreichen, sagte Denis in einem Interview mit der kasachischen Internetseite sports.kz. Die beiden sind sicher ein schlagkräftiges Team. Der 39 Jahre alte Urubko hat alle 14 Achttausender ohne Flaschensauerstoff bestiegen. Zudem gelangen ihm mit Simone Moro die ersten Winterbesteigungen der Achttausender Makalu und Gasherbrum II. Der 49-jährige Bolotov wurde bereits zweimal mit dem Piolet d’Or geehrt, dem Oscar der Bergsteiger. 2001 gelang ihm außerdem die Erstbesteigung des 8410 Meter hohen Lhotse-Westgipfels. Ein Jahr später stand er auf dem Gipfel des Mount Everest, ohne zur Atemmaske gegriffen zu haben.

]]>
https://blogs.dw.com/abenteuersport/winter-wahrheiten-und-ein-halbes-marchen/feed/ 1