Anker – Abenteuer Sport https://blogs.dw.com/abenteuersport Blog über Expeditionen und Grenzerfahrungen Wed, 06 Mar 2019 10:38:57 +0000 de-DE hourly 1 Im (Everest-) Westen nichts Neues https://blogs.dw.com/abenteuersport/im-everest-westen-nichts-neues/ Wed, 16 May 2012 15:59:14 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14641

Route über Westgrat und Hornbein-Couloir

Wenn Berge Muskelkater bekommen könnten, würde sich der Mount Everest vor Schmerzen krümmen. Er wird nämlich sehr einseitig beansprucht auf seinen beiden Seiten. 19 Routen wurden seit der Erstbesteigung im Jahr 1953 auf den 8850 Meter hohen Gipfel eröffnet, doch Hunderte von Bergsteigern nutzen Jahr für Jahr fast ausschließlich nur zwei: die beiden Normalwege (auf der tibetischen Everest-Seite über den Nordost-, auf der nepalesischen über den Südostgrat). In diesem Frühjahr sah es aus, als erhielte eine andere meist verwaiste Kante des Bergs endlich wieder Besuch: der Westgrat. Doch die Chancen dafür schwinden.

Blankeis statt Schnee

Erst gab der Schweizer Topbergsteiger Ueli Steck (wie berichtet) seinen Plan auf, über den Westgrat den Gipfel zu erreichen. Jetzt entschied sich auch Conrad Anker, auf die nepalesische Normalroute auszuweichen. Ursprünglich wollte der US-Amerikaner auf den Spuren seiner Landsleute Tom Hornbein und Willi Unsoeld (1963) über den Westgrat und den oberen Teil der Nordwand („Hornbein-Couloir“) aufsteigen. Die Verhältnisse dort seien zu gefährlich, schreibt Anker: „Es ist eine sehr trockene und windige Saison. Normalerweise liegt dort ausreichend Schnee in der Route, deine Steigeisen finden genug Halt und du kommst zügig voran. Aber wir haben jetzt andere Verhältnisse: Die Schneeauflage ist verschwunden, übrig geblieben ist nur Blankeis.“ Zudem sei das Steinschlag-Risiko im Hornbein-Couloir zu groß. Conrad hatte zuvor die Bilder des US-Bergsteigers und Filmemachers David Breashears studiert, der mit dem Italiener Simone Moro in einem Spezialhubschrauber die Nordwand überflogen hatte. Moro hatte zeitweise damit geliebäugelt, sich dem Westgrat-Team anzuschließen.  

Schwindet auch das kleine Polster?

Damit bleibt an dieser Route nur noch eine Expedition übrig. Die US-Amerikaner Jake Norton, David Morton, Brent Bishop und Charley Mace haben noch nicht das Handtuch geworfen. Allerdings klingen auch sie nicht gerade optimistisch. Wegen der schwierigen Verhältnisse hätten sie auf dem Weg zur Westschulter gerade mal hundert Höhenmeter am Tag geschafft, beklagt Expeditionsleiter Jake Norton: „Wenn es oberhalb der Schulter genauso schlimm aussieht, ist es nahezu unmöglich, in diesem Jahr die Route zu klettern –  wenn wir uns wenigstens ein kleines Sicherheitspolster erhalten wollen.“

P.S. Ich würde gerne im Wettbewerb um den „Online-Star 2012“ meinen Hut in den Ring werfen. Es handelt sich um eine Publikumswahl. Wenn euch mein Blog gefällt, stimmt bitte für ihn. So geht’s: Auf die Wettbewerbsseite (hier) gehen und den Button „Zur Vorwahl“ drücken. Der Rest ergibt sich eigentlich von selbst. Die Kategorie wäre „Private blogs“ (im Gegensatz zu Commercial Blogs). Da müsstet ihr dann die Blog-Adresse http://blogs.dw.com/abenteuersport eingeben. Die Vorrunde endet am 1. Juni. Bitte weitersagen! Tausend Dank!

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Cory allein im (Kranken-) Haus https://blogs.dw.com/abenteuersport/cory-allein-im-kranken-haus/ Thu, 03 May 2012 15:34:38 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=14289

Cory Richards (r.) - mit Simone Moro

Cory Richards versteht die Welt nicht mehr. Der kanadische Bergsteiger war am vergangenen Wochenende in einer spektakulären Rettungsaktion (hier geht’s zum Video) vom Mount Everest gebracht und nach Kathmandu geflogen worden. Richards hatte am Berg über Brustschmerzen und Atembeschwerden geklagt. Der Verdacht: ein lebensbedrohliches Höhenlungenödem. In Kathmandu erholte sich der 30-Jährige nach eigenen Angaben schnell. Seine Expeditionskollegen aber entschieden, dass Richards nicht zurückkehren solle. „Das ist sehr hart für mich“, sagt der Kanadier.

Doch nicht höhenkrank?

„Ich bin frustriert, dass das Team eine Entscheidung über mich getroffen hat, trotz zahlreicher positiver Untersuchungsergebnisse, die auf nichts Nachteiliges hindeuten“, beklagt sich Cory. „Die Ärzte sagen, dass meine Probleme nicht mit der Höhe zusammenhängen.“ Richards wollte gemeinsam mit dem sehr erfahrenen US-Bergsteiger Conrad Anker den Everest über den selten begangenen Westgrat besteigen. Die Route war 1963 von den beiden US-Amerikanern Tom Hornbein und Willi Unsoeld eröffnet worden.

Durch den Eisbruch

Cory 2011 am Gasherbrum II

Bei einer Akklimatisierungstour auf der Normalroute hatte Richards in Lager 2 auf 6400 Metern über Atemnot geklagt. Cory erhielt Flaschen-Sauerstoff, seine Teammitglieder transportierten ihn anschließend mit einem Plastikschlitten hinunter nach Lager 1 auf 6000 Metern. Der ursprünglich von dort geplante Rettungsflug mit einem Spezialhubschrauber musste wegen schlechten Wetters abgeblasen werden. Richards Kameraden brachten ihn auch noch durch den gefährlichen Khumbu-Eisbruch. Mehrfach musste er den Schlitten verlassen. Vom Basislager aus brachte dann ein Rettungshubschrauber Cory Richtung Kathmandu. Simone Moro hatte den Flug organisiert. Der Italiener hatte mit Richards und dem Kasachen Denis Urubko im Februar 2011 den Gipfel des Gasherbrum II im Karakorum erreicht. Es war die erste Winterbesteigung eines Achttausenders in Pakistan.

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Der Ostgrat ruft https://blogs.dw.com/abenteuersport/der-ostgrat-ruft/ Mon, 02 Apr 2012 11:43:29 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport/?p=13937

Route über den Nuptse-Ostgrat

Nur 139 Meter fehlen dem Nuptse zum Achttausender. Mit dem Mount Everest und dem Lhotse bildet der 7861 Meter hohe Gipfel ein beeindruckendes Hufeisen um das sogenannte „Tal des Schweigens“, durch das die nepalesische Normalroute auf den Everest führt. Nicht weniger beeindruckend ist der dreieinhalb Kilometer lange Nuptse-Ostgrat, der bisher noch nicht durchstiegen wurde. Genau das haben sich Ralf Dujmovits, seine Frau Gerlinde Kaltenbrunner und David Göttler in diesem Frühjahr vorgenommen. „Es ist sehr viel ausgesetzte, exponierte Kletterei. Das macht die Sache doch enorm spannend“, sagt Ralf, als ich ihn und Gerlinde kurz vor der gestrigen Abreise nach Nepal noch telefonisch erwische.

Ralf beschreibt die Route über den Nuptse-Ostgrat

Endlich kein Telefonklingeln mehr

„Wir haben das Gefühl, dass wir konditionell sehr gut vorbereitet sind“, erzählt Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger. Noch am vergangenen Donnerstag waren die beiden auf einer Skitour in den Schweizer Bergen. Auch Gerlinde sieht der Expedition optimistisch entgegen: „Wir haben uns die Taktik gut überlegt und uns wirklich intensiv in diese Expedition hinein gedacht.“ Die Österreicherin hat einen Marathon an Terminen hinter sich, nachdem sie es als erste Frau schaffte, alle 14 Achttausender ohne Atemmaske zu besteigen. „Ich freue mich, dass jetzt wieder Ruhe einkehrt, ohne Handy, ohne Telefon und ich wieder dort unterwegs sein kann, wo ich am allerliebsten bin.“

Gerlinde verspürt keinen Erfolgsdruck

Nichts überreißen

Gerlinde und Ralf

Gut zwei Monate haben sich Gerlinde und Ralf für ihre Expedition freigeschaufelt. Sollte am Nuptse-Ostgrat alles nach Plan laufen, will sich Ralf vielleicht anschließend noch einmal am Mount Everest versuchen – im Gegensatz zu seiner Besteigung 1992 diesmal ohne Flaschensauerstoff. Die anderen 13 Achttausender hatte er ohne Atemmaske bestiegen. Nach den zu erwartenden Strapazen am Nuptse-Ostgrat komme für ihn „nur“ der Normalweg in Frage, sagt Ralf. „Wenn ich wirklich das Gefühl habe, es passt alles, dann würde ich noch einen Versuch machen. Ich werde aber sicher nichts überreißen oder unnötig anschieben.“

Bergsteiger am Everest-Westgrat

Das von mir vermutete Mount-Everest-Team mit dem Schweizer Topbergsteiger Ueli Steck wird es wohl nicht geben, so Ralf, „weil wir doch unterschiedliche Ziele haben. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, möchte Ueli an den Westgrat, bzw. von dort aus ins Hornbein-Couloir auf der tibetischen Seite hinüber.“ Das klingt ebenfalls sehr spannend, zumal am Everest-Westgrat, der in den vergangenen Jahren meist verwaist war, auch eine hochkarätig besetzte US-Expedition unterwegs sein wird. Zu dem von Conrad Anker geleiteten Team gehört auch der Kanadier Cory Richards, dem 2011 am Gasherbrum II gemeinsam mit dem Italiener Simone Moro und dem Kasachen Denis Urubko die erste Winterbesteigung eines Achttausenders in Pakistan gelungen war.

Gerlinde und Ralf freuen sich auf das Wiedersehen mit vielen alten Bekannten wie Ueli Steck und Conrad Anker im wieder einmal gut gefüllten Basislager zu Füßen des Khumbu-Eisbruchs. „Die schlichte Anzahl der Leute ist natürlich erschreckend“, sagt Ralf, „ aber es sind auch immer nette Momente dabei.“

P.S. Die gestrige Geschichte war natürlich ein Aprilscherz 🙂 – obwohl ich die Idee, Kölsch in Tablettenform zu überführen, vielleicht ernsthaft verfolgen sollte.

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Die Kamera vom Everest https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-kamera-vom-everest/ https://blogs.dw.com/abenteuersport/die-kamera-vom-everest/#comments Thu, 22 Apr 2010 08:41:04 +0000 http://blogs.dw.com/abenteuersport2/2010/04/22/die-kamera-vom-everest/ Es ist der wohl meistgesuchte Fotoapparat der Welt: eine Kodak-Kamera im Westentaschenformat, die seit 86 Jahren am Mount Everest vermisst wird. Es wird vermutet, dass sie der Brite Andrew Irvine bei sich trug, als er gemeinsam mit seinem Landsmann George Leigh Mallory am 8. Juni 1924 Richtung Gipfel aufbrach. Noell Odell, ein weiteres Mitglied der Expedition, sah nach eigenen Angaben die beiden später, als kurz die Wolkendecke aufriss, am Grat oberhalb einer Felsstufe. Er meinte, dass es sich dabei um den sogenannten „Second Step“ handelte, die schwierigste Stelle des Aufstiegs auf der heutigen Normalroute. Mallory und Irvine kehrten nicht zurück. Seitdem wird darüber spekuliert und diskutiert, ob die beiden möglicherweise als erste Menschen den Gipfel des Mount Everest erreicht haben könnten. Das Rätsel könnte vielleicht gelöst werden, fände sich eine der mindestens zwei Kameras, die sich angeblich im Gepäck der Bergsteiger befanden. Kodak-Experten halten es jedenfalls für möglich, dass die damals benutzten Schwarz-Weiß-Filme die Jahrzehnte am Everest überdauert haben und die Bilder restauriert werden könnten.


Das letzte Foto von Mallory und Irvine

Der Marmormann

1933 wurde Irvines Eispickel unterhalb des „First Step“, einer weiteren, tiefer gelegenen Felsstufe, gefunden. Hatte sich Odell geirrt und die beiden möglicherweise weiter unten gesehen? 1999 machte sich eine Expedition unter Leitung des US-Amerikaners Eric Simonson auf die Suche nach den vermissten englischen Bergsteigern. Conrad Anker entdeckte die Leiche Mallorys auf einer Höhe von 8160 Metern, etwa in Falllinie der Eispickel-Fundstelle. „Ich hatte den Eindruck, eine griechische oder römische Marmorstatue zu sehen“, schreibt Anker in seinem Buch „Verschollen am Mount Everest“. Die an einigen Körperteilen freiliegende Haut schimmerte weiß. Mallorys Bein war gebrochen, schwere Kopfverletzungen waren zu sehen. Die Expeditionsmitglieder fanden in den Taschen des offenkundig abgestürzten Bergsteigers mehrere persönliche Gegenstände, aber keinen Fotoapparat. Weitere Suchexpeditionen 2001 und 2004 blieben erfolglos.

Zu 85 Prozent überzeugt

Anfang dieses Jahres sorgte die verschollene Kamera erneut für Schlagzeilen. Der Everest-Historiker Tom Holzel erklärte, er habe durch die Analyse hochaufgelöster Luftaufnahmen in einer Höhe von 8425 Metern eine Stelle ausgemacht, an der etwas 1,80 Meter Großes liege. „Ich bin zu 85 Prozent überzeugt, dass es sich um Irvine handelt“, sagte Holzel. Es sei nahe der Stelle, an der 1960 zwei chinesische Bergsteiger die gefrorene Leiche eines Engländers gesehen haben wollen. Holzel scheiterte mit seinem Versuch, Sponsoren für eine 200.000 Dollar teure Suchexpedition aufzutreiben.


Irgendwo nahe der Pfeilmarkierung wird die Leiche Irvines vermutet

R.I.P.?

Ein spanischer Bergsteiger berichtete kürzlich, eine österreichische Expedition suche in diesem Frühjahr nach Irvine und dessen Kamera. Und tatsächlich taucht im Blog des nepalesischen Expeditionsveranstalters Explore Himalaya die Mitgliederliste einer deutsch-österreichischen Expedition zur tibetischen Seite des Mount Everest auf. Darauf stehen unter anderen ein Regisseur und zwei Kameramänner aus Österreich, die sich auf spektakuläre Bergfilme spezialisiert haben. Als Expeditionsleiter wird der Deutsche Jochen Hemmleb aufgeführt. Der hatte mit seinen Nachforschungen zu Mallory und Irvine die Suchexpedition 1999 angestoßen und auch daran teilgenommen. „Mein Leben beschleunigte sich, als hätte man mich auf eine Rakete gesetzt und die Lunte gezündet“, schreibt Hemmleb über die Zeit danach. 2009 erschien mit „Tatort Mount Everest. Der Fall Mallory“ bereits sein zweites Buch zum Rätsel um die beiden englischen Bergsteiger. Und was macht Hemmleb jetzt an der Nordseite des Mount Everest? Ich glaube kaum, dass er nur den Gipfel besteigen will.
R.I.P. (Ruhe in Frieden), das dürfte für Andrew Irvine wohl in nächster Zeit nicht gelten. Vielleicht hätte er doch den Fotoapparat im Basislager lassen sollen.

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