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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Nives und Romano: Nur im Doppel

Nives Meroi (l..) und Romano Benet (2009 am Kangchendzönga)

Nives Meroi (l.) und Romano Benet (2009 am Kangchendzönga)

Da sage einer, Bergsteigen sei nichts für Romantiker. Die italienischen Eheleute Nives Meroi und Romano Benet beweisen das Gegenteil. Einen Achttausender ohne den anderen zu besteigen, kommt für die beiden nicht in Frage. Am vergangenen Samstag erreichten Nives und Romano den 8586 Meter hohen Gipfel des Kangchendzönga, des dritthöchsten Bergs der Erde. Wie immer gemeinsam, wie immer, ohne zu Flaschensauerstoff zu greifen, wie immer in sauberem Stil. „Wir verfolgen einen schnörkellosen Alpinstil: Einfach und unverfälscht, ehrlich mit sich selbst und im Einklang mit dem Berg“, sagte Nives einmal. Der Kangchendzönga ist für Meroi und Benet der Achttausender Nummer zwölf. Jetzt fehlen nur noch die Annapurna und der Makalu in ihrer Sammlung.

Beinbruch am Makalu

Nives war 19 Jahre alt, als sie Romano kennenlernte. Erst wurde er ihr Seilpartner, dann auch ihr Lebenspartner. In diesem Jahr feiern sie ihre Silberhochzeit, beide sind 52 Jahre alt. 1998 bestiegen sie mit dem Nanga Parbat ihren ersten Achttausender. 2003 gelang ihnen im Karakorum die Trilogie aus Gasherbrum I, II und Broad Peak innerhalb von nur 20 Tagen. 2007 war Meroi die erste Italienerin, die den Mount Everest ohne Atemmaske bestieg. Doch es gab auch Rückschläge. 2007, beim Versuch, den Makalu im Winter zu besteigen, brach sich Nives das Wadenbein. Romano trug seine Frau zwei Tage lang talwärts durch den Nebel, bis ein Rettungshubschrauber landen konnte.

Der 15. Achttausender

Nach der Besteigung des Everest 2007

Nach der Besteigung des Everest 2007omano

Zwei Jahre später am Kangchendzönga war es Benet, der Hilfe brauchte. Damals, im Jahr 2009, hatte Meroi noch gute Chancen, die erste Frau auf allen 14 Achttausendern zu werden. Auf 7500 Metern verließen Romano plötzlich die Kräfte. Er versuchte, Nives zu überreden, alleine weiterzuklettern. Sie weigerte sich, stieg stattdessen mit ihm ab. Der Grund für Benets Schwäche war ein Schlag ins Kontor: Aplastische Anämie, eine Sonderform der Blutarmut. Zwei Knochenmark-Transplantationen waren nötig, um Romanos Leben zu retten. Die Krankheit gemeinsam besiegt zu haben, bezeichnete Romano als „die Besteigung des fünfzehnten Achttausenders, des Wichtigsten“.

Falscher Gipfel

Zwei Jahre lang war an Bergsteigen nicht zu denken. 2011 war das Paar wieder zurück im Himalaya, ein Jahr später versuchten sich Meroi und Benet erneut am Kangchendzönga. Dort passierte ihnen ein Missgeschick: Sie verstiegen sich. Statt den Hauptgipfel anzusteuern, kletterten sie dem niedrigeren Mittelgipfel (8473 Meter) entgegen. Als sie ihren Irrtum realisierten, stiegen sie ab. Als Nives später in Kathmandu einem Reporter beichtete, warum sie gescheitert waren, musste sie selbst lachen und konnte gar nicht mehr aufhören. „Ihr Lachen war ansteckend, jeder stimmte ein“, erinnerte sich Elizabeth Hawley, die legendäre Chronistin des Himalaya-Bergsteigens. Diesmal haben sich Nives und Romano nicht verirrt.

Datum

20. Mai 2014 | 23:20

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