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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Piolet d’Or für Kurts Lebenswerk

Kurt Diemberger

Kurt ist eine lebende Legende. Gleich zwei Achttausender hat der inzwischen 81 Jahre alte Österreicher Kurt Diemberger erstbestiegen und auch danach noch für viele Glanzlichter gesorgt. Nicht nur als Bergsteiger, auch als Filmemacher, Fotograf und Autor. Heute abend wird er in Courmayeur im Schatten des Mont Blanc für sein Lebenswerk mit dem Piolet d’Or geehrt, dem Goldenen Eispickel, dem „Oscar der Bergsteiger“. Keine Frage, Kurt ist ein würdiger Preisträger.

Revolutionärer Stil 

1957 schrieb der damals 25-Jährige mit seinen Landsleuten Hermann Buhl, Markus Schmuck und Fritz Wintersteller Alpingeschichte: Als erste bestiegen sie den Achttausender Broad Peak in Pakistan – und das im „Westalpenstil“: als kleines Team, mit minimaler Ausrüstung, ohne Hochträger und ohne Flaschensauerstoff. Das kam einer Revolution gleich. Damals wurden Achttausender üblicherweise mit großen Mannschaften und Bergen von Material regelrecht belagert. Nach dem Erfolg zerfiel die Seilschaft jedoch. Schmuck und Wintersteller bestiegen nach dem Broad Peak auch noch erstmals den 7410 Meter hohen Skil Brum. Buhl und Diemberger versuchten sich an der 7688 Meter hohen Chogolisa. Auf dem Gipfelgrat kamen die beiden in einen Wettersturz. Plötzlich brach unter Buhl eine Wächte ab, er stürzte in den Tod. (Kurt hat mir davon einmal sehr eindringlich erzählt, wie ihr im Audio unten hören könnt). 

Kurt Diemberger über Hermann Buhls Tod am 27.6.1957

Sechs Achttausender 

Kurt in der Mitte, l. der legendäre pakistanische Hochträger „Little Karim“ Balti, r. ich

Drei Jahre danach, 1960, zählte Diemberger auch zu den Erstbesteigern des Dhaulagiri. Außer ihm war es nur Hermann Buhl gelungen, zwei Achttausender erstmals zu besteigen (1953 Nanga Parbat, 1957 Broad Peak). Später stand Kurt noch auf den Gipfeln von vier weiteren Achttausendern: auf dem Makalu (1978), dem Mount Everest (1978), dem Gasherbrum II (1979)  – und dem K 2 (1986). Den zweithöchsten Berg der Erde bezeichnet Kurt als „Traum- und Schicksalsberg“. Nachdem er mit seiner langjährigen Seilpartnerin, der Britin Julie Tullis, den Gipfel des K 2 erreicht hatte, gerieten die beiden in einen Wettersturz, der sie tagelang im Hochlager gefangen hielt. Julie starb an Erschöpfung, vier weitere Bergsteiger kamen ebenfalls ums Leben. Kurt schaffte es mit schweren Erfrierungen zurück ins Basislager. Mehrere Fingerglieder der rechten Hand mussten ihm damals amputiert werden.

Kurt Diemberger über die Katastrophe 1986 am K 2

Fünfter Preisträger 

Auch heute ist Kurt noch viel unterwegs: auf Vortragsreisen, in den Bergen oder eben wie jetzt in Courmayeur, um Auszeichnungen entgegenzunehmen. Der Ehrenpreis für sein Lebenswerk heißt offiziell „Prix Walter Bonatti“, benannt nach dem inzwischen verstorbenen ersten Preisträger im Jahr 2009. In den folgenden Jahren erhielten Reinhold Messner, der Brite Doug Scott und der Franzose Robert Paragot diesen Goldenen Eispickel. 

Oldies, but Goldies 

Der Mazeno-Grat (© Doug Scott)

Mit Spannung wird erwartet, wer am Freitagabend den aktuellen Piolet d’Or in Händen halten wird. Sechs Projekte aus dem Jahr 2012 sind nominiert, zwei an 6000ern (darunter auch die hier im Blog beschriebene Expedition am Shiva in Indien), drei an 7000ern und eines am Achttausender Nanga Parbat. Letzteres Unternehmen ist eindeutig mein persönlicher Favorit: Die Briten Sandy Allan und Rick Allen hatten – wie ebenfalls hier berichtet – erstmals den 8125 Meter hohen Gipfel über den Mazeno-Grat erreicht, den mit rund zehn Kilometern längsten Grat an einem Achttausender. 18 Tage lang waren sie in großer Höhe unterwegs. Beide sind übrigens weit über die 50. Manchmal zahlt sich Erfahrung eben aus.

Datum

4. April 2013 | 15:05

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