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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Gelesen: Cliffhänger

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die ohne Grund die Mittagspause überziehen. Aber da saß ich nun in der Kantine und konnte mich nicht losreißen. Ich musste unbedingt noch das Kapitel „In München steht ein Sportkaufhaus“ zu Ende lesen. Darin beschreibt Georg Koeniger, wie er sich mit seiner Kletter- und Lebenspartnerin Petra durch das Angebot eines Outdoor-Einkaufstempels kämpft. Um sich den ausgiebigen Einkaufsbummel leisten zu können, habe die beiden zuvor einen Sponsorenabend mit zahlungskräftigen Verwandten veranstaltet. Jetzt kämpfen sie sich durch die Regale voller Funktionswäsche mit „Sweatmanager“und Kompressionskleidung „Techfit“. Georg versucht vergeblich, eine Diskussion mit einer Verkäuferin anzuzetteln, warum der Laden keine Yogahosen für Männer anbietet. Die Expedition ins Sportkaufhaus gipfelt im Erwerb eines Beziehungs-Navis, der Georg über das dünne Eis eines Gesprächs mit seiner reichlich genervten Freundin über seine späte Heimkehr am gestrigen Abend leitet.


Zum Weglachen

Urkomisch ist das Ganze. Und damit meine ich nicht nur diese Episode, sondern viele weitere in Koenigers „Cliffhänger – Kletter-Comedy für Schwindelfreie“. Der kletternde Kabarettist stammt aus dem (fast) bergfreien Münsterland und schreibt mit sehr spitzer Feder und herrlich selbstironisch. Vielleicht bin ich ja als Rheinländer, bekennender „Dilettant in der Wand“ und „Mehrfarbenkletterer“ in der Halle für diese Art Humor besonders empfänglich. Aber ich denke, alle Kletterfreaks, die über sich selbst lachen können (also humorfähig sind), werden an diesem Buch ihre helle Freude haben. Als kleine Kostprobe Georgs Heiratsantrag an Petra: „Ich meine, wie wäre es, wenn wir permanent unsere Seile miteinander verknoten würden? Wenn wir es uns gemeinsam auf der Portaledge des Lebens bequem machen würden?“ Darauf sie: „Sag mal, bei dir ist ja wohl ein Bohrhaken locker.“
Ich habe mich an vielen Stellen weggelacht. Auch in besagter verlängerter Mittagspause. Und ich gehöre normalerweise nicht zu den Menschen, die in einer Kantine über einem Buch hängen und plötzlich losprusten.

P.S. Auf dem Einband wird mit dem Hinweis geworben: „Ohne Vorwort von Reinhold Messner.“ Komisch, ich habe es gar nicht vermisst.

Datum

11. Mai 2011 | 8:35

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