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Abenteuer Sport

mit Stefan Nestler

Ende eines Everest-Traums

Vorgeschobenes Basislager

Vorgeschobenes Basislager

Scheitern ist hart, selbst für einen, der mit allen Bergwassern gewaschen ist. „Ich bin unzufrieden“, räumt Ralf Dujmovits ein. Heute ist er wieder wohlbehalten im vorgeschobenen Basislager (ABC) auf 6400 Metern eingetroffen. Aber es wird ihn wohl noch eine Weile beschäftigen, was ihm am Samstag in Lager 3 widerfahren ist. „Es ging mir doch wirklich gut, bis hinauf auf 8300 Meter. Aber dann hat sich von einer halben Stunde auf die andere alles geändert“, hadert Ralf. Der unebene Zeltboden, der Raureif, der an der Innenseite des einwandigen Zelts schmolz, herunter tropfte und alles nass machte, sein Feuerzeug eingeschlossen. „Es hat mich einfach aus der Spur gebracht, dass ich keinen Schnee mehr schmelzen konnte.“

Ich frage den 52-Jährigen, ob alles anders gelaufen wäre, wenn er ein anderes Zelt dabei gehabt hätte. „Schon möglich. Aber ich entschied mich für das leichte Zelt, weil ich das Gewicht so weit wie möglich reduzieren wollte“, antwortet Ralf. „Wenn du mehr tragen kannst, packst du auch ein anderes Zelt ein.“ Und wenn er einen besseren Lagerplatz gefunden hätte? „Dann wäre es vielleicht anders ausgegangen.“ Hätte, wäre, wenn. Alles Spekulation. „Ich bin auch nicht der Typ, der alles auf die äußeren Umstände schiebt. Ich bin auch selbstkritisch“, sagt Dujmovits. „Es war nun einmal so, wie es war.“ 

Alle Versuche ohne Atemmaske gescheitert

Vielleicht tröstet es Ralf ein wenig, dass in diesem Frühjahr alle Versuche, ohne Flaschensauerstoff aufzusteigen, scheiterten. Auch der Ungar David Klein, der Rumäne Horia Colibaseanu und der Slowake Peter Hamor kehren ohne Gipfelerfolg zurück, ebenso das deutsche Paar Helga Söll und Jürgen Greher. Jürgen drehte auf 7900 Metern wegen Atemproblemen um. Helga brach am Sonntag mit ihrem Sherpa Pemba Richtung Gipfel auf. Auf 8500 Metern war Endstation, zu starker Wind. „Er blies am Sonntag da oben mit 40 bis 50 Stundenkilometern“, sagt Ralf. „Da hätte ich wahrscheinlich ohne Flaschensauerstoff ohnehin keine echte Chance gehabt.“ Dennoch, es wurmt ihn, dass er es nicht einmal ausprobieren konnte.

Rettungsaktion geglückt

Ralf übernachtete doch noch eine Nacht auf dem Nordsattel und wurde Zeuge einer Rettungsaktion. Eine polnische Bergsteigerin war völlig entkräftet in Not geraten. „Acht chinesische Bergsteiger haben sie heruntergebracht, über schwieriges Gelände. Das war wirklich eine starke Leistung in dieser Höhe.“ Der Bergsteigerin gehe es offenbar inzwischen besser.

Es hat wieder zu schneien begonnen. „Am Nordsattel sind in der Nacht 40 Zentimeter gefallen und auch hier im ABC liegen 30 Zentimeter“, berichtet Ralf. Er will sich noch einen Tag Zeit nehmen, bevor er den Rückweg antritt. „Ich will jetzt nicht direkt rauslaufen. Ich brauche den Tag, um Abschied zu nehmen.“ Vom Mount Everest und seinem Traum, ihn doch noch ohne Atemmaske zu besteigen.

Datum

27. Mai 2014 | 0:01

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